> Substanz aus Algen macht Arthritispatienten Hoffnung

Gibt es eine neue Chance, Arthritis zu behandeln? Wissenschaftler aus der Schweiz und Norwegen sind davon überzeugt. Hoffnung dazu gibt die Braunalge. Aus ihr wird ein Polysaccharid - ein langkettiges Zuckermolekül - gewonnen und chemisch modifiziert. Dann nennt sich dieser Stoff „Alginat“. Und der soll Arthritis erfolgreich bekämpfen.

Arthritis ist eine häufig auftretende Gelenkerkrankung; rund 90% aller über 65-jährigen Personen sind – unterschiedlicher schwer – davon betroffen. Doch selbst bei jüngeren Personen ist die degenerative Erkrankung verbreitet. Bei Arthritis wird das Knorpelgewebe im Gelenk, eine Art Schutzschicht auf den Knochen, das die Gelenke «schmiert», mit der Zeit abgebaut. Dies kann extrem schmerzhafte Folgen für die betroffenen Personen haben, da mit dem Knorpelabbau Entzündungsreaktionen einhergehen. Im späteren Verlauf der Erkrankung sind die Knochen dann nicht mehr ausreichend geschützt und reiben sich dann direkt aufeinander ab.

Arthritis kann sämtliche Gelenke des Körpers befallen, am tritt sie jedoch am Kniegelenk, am Hüftgelenk und in den Fingern auf. Die Krankheit gilt bisher als unheilbar. Gängige Behandlungsmethoden wie Entzündungshemmer und Schmerzmittel bekämpfen in erster Linie die Symptome. Letzter Ausweg ist  dann oft nur noch eine Operation, bei der das betroffene Gelenk durch ein künstliches ersetzt wird.

Forschende der ETH Zürich, der Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt und des norwegischen Forschungsinstituts SINTEF haben eine Substanz identifiziert, die möglicherweise den Knorpelabbau in den Gelenken aufhalten kann. Diese Substanz wird aus den Stielen von Braunalgen – genauer gesagt aus Palmentang (lat. Laminaria hyperborea) – als  Polysaccharid mit dem Namen Alginat gewonnen. Es ähnelt Biomolekülen aus Knorpelgewebe.

Die Forscher haben Alginat mit Sulfatgruppen chemisch modifiziert und anschliessend in gelöster Form zu Zellkulturen gegeben, um die Reaktion verschiedener Zelltypen auf das modifizierte Polysaccharid zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass Alginatsulfat den oxidativen Stress – eine häufige Ursache von Zellschäden bzw. sogar Zellsterben – erheblich senken kann, und zwar umso besser, je mehr Sulfatgruppen an das Alginatmolekül angehängt waren.

Ausserdem war Alginatsulfat in der Lage, die Entzündungsreaktion zu unterdrücken, wiederum in Abhängigkeit von der Anzahl der Sulfatgruppen: Sowohl in menschlichen Knorpelzellen, sogenannten Chondrozyten, als auch in Makrophagen – den «Fresszellen» unseres Immunsystems – konnte Alginatsulfat die Aktivität von Genen, die eine Entzündungsreaktion auslösen, herunter regulieren. Die Algenmoleküle könnten damit den Abbau der Gelenkknorpel zumindest verlangsamen, vielleicht sogar stoppen können.

Bis es soweit ist, muss die Forschung aber erst einmal das Labor verlassen und im Tierversuch getestet werden. Danach könnensich klinische Studien mit Testpersonen anschliessen. Weil das alles langwierig und aufwändig ist, dürfte es noch einige Jahre dauern, bis Patienten/innen damit behandelt werden können.

cs 23.8.2017/ Quelle: Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

 
 
 
 
 
 
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