Foto: Stock photo
Biologika: Ärzte sprechen von hoher Wirksamkeit - aber die Nebenwirkungen sind erheblich (Foto: Stock photo)
> Biologika: Von Wirkungen und Nebenwirkungen
Biotechnologische Medikamente -
sogenannte Biologika – wirken beispielsweise gegen Rheuma. Sie greifen
direkt in den Erkrankungsprozess ein und können dort die Krankheit
selbst lindern. Dabei schwächen sie unter anderem aber auch die
körpereigene Abwehr. Dadurch sind Patienten schlechter vor Infektionen
geschützt. Die möglichen Nebenwirkungen dieser Medikamente sind
erheblich und scheinen noch nicht ausreichend erforscht zu sein.
Biologika sind hierzulande seit etwa einem Jahrzehnt im Einsatz.
Ursprünglich zur Therapie von Blutvergiftungen entwickelt, bekämpfen
die molekularbiologisch hergestellten Medikamente heute erfolgreich zum
Beispiel Rheumatoide Arthritis (RA): Sie blockieren gezielt die von der
körpereigenen Abwehr gesteuerten entzündlich-rheumatischen Vorgänge im
Gelenk. Mittlerweile sind mehrere Wirkstoffe auf dem Markt, meldet die Deutsche
Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). „Die verschiedenen Biologika
greifen - wenn auch auf unterschiedlichen Wegen - direkt in den
Erkrankungsprozess ein", erläutert Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester,
leitender Rheumatologe an der Berliner Charité. Mit wachsender
Erfahrung und Studienzahl setzten Rheumatologen Biologika heute
individuell angepasst und zunehmend sicher bei ihren Patienten ein,
betont der Experte: „Kontrollierte klinische Studien belegen eine hohe
Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil." Ein gewisses Risiko bestehe jedoch darin, dass Biologika die
körpereigenen Abwehrkräfte gegen Infektionen schwächen, umschreibt die
Gesellschaft vorsichtig das Problem der anscheinend häufig erheblichen
Nebenwirkungen. „Viele Rheumatologen standen deshalb den neuen
Medikamenten skeptisch gegenüber", gibt Burmester zu. Mithilfe von
großen Studien und Patientenregistern prüfen Wissenschaftler diese
Bedenken. Die Daten von weltweit etwa 20 000 Patienten, die in
Registern genau nachuntersucht wurden, scheinen laut des Experten zu
belegen: „Vor allem im ersten Jahr der Biologika-Behandlung kommt es
vermehrt zu Infektionen, danach scheint das Risiko nicht mehr erhöht."
Lungenentzündungen oder Gürtelrose gehören zu den möglichen, wenn auch
seltenen Folgen einer solchen Therapie. Biologika erfordern auch eine genaue Überwachung bei Menschen, die
unterschwellig mit Tuberkulose infiziert sind. Diese Patienten seien
äußerlich gesund, weil die Immunabwehr die Erreger der
Infektionskrankheit in Schach hält. Unter Biologika-Therapie kann die
Tuberkulose jedoch ausbrechen. Burmester: „Alle Rheumapatienten werden
deshalb vor Beginn der Therapie auf Tuberkulose getestet und bei einer
bestehenden Infektion vorsorglich behandelt." Die Befürchtung,
Biologika begünstigten das Krebsrisiko, habe sich bei Erwachsenen nicht
bestätigt. Und auch Menschen mit nicht zu ausgeprägter Herzschwäche
könnten die Präparate einnehmen. Schwangere sollten davon jedoch
absehen beziehungsweise das Medikament bei eingetretener
Schwangerschaft absetzen. Bei einigen Patienten lösten Biologika allergieähnliche Reaktionen aus.
Dies gelte besonders dann, wenn der Arzt die Medikamente als Infusion
in die Vene verabreichen muss. Auch vorübergehend ansteigende
Leberwerte, erhöhte Blutfette oder eine verminderte Zahl von
Abwehrzellen im Blut treten auf. Diese Risken habe der behandelnde Arzt
laut Burmester unbedingt zu berücksichtigen und entsprechend
gegenzusteuern: „Der Einsatz von Biologika bei rheumatischen
Erkrankungen erfordert Vorsichtsmaßnahmen und sollte deshalb
ausschließlich Rheumatologen vorbehalten sein." Dass Biologika oft erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen,
verharmlosen die Äußerungen der DGRh fast ein wenig. Isabel Püntmann,
Institut für Pharmakologie, Klinikum Bremen-Mitte, wurde da in einem
Artikel im Berliner Ärztejournal (09/8) deutlicher. In Bezug auf den
Einsatz von Biologika gegen die Hauterkrankung Psoriasis warnte sie vor
hohem Infektionsrisiko, TBC, einem dosisabhängigen Krebsrisiko,
schweren Blutschäden (z. B. hämolytische Anämien, Panzytopenien) sowie
dem Neuauftreten und Verschlechterungen von Autoimmunerkrankungen (z.
B. Vaskulitiden, Sarkoidose, MC, systemischer Lupus erythematodes). Ihr
Fazit: „ Auch wenn auf den ersten Blick Biologika vielversprechend
erscheinen, sollten sie aufgrund fehlender Vergleichs- und
Langzeitdaten und schwerwiegednder Nebenwirkungen zurückhaltend
verordnet werden.“ D.J. Ziegenhagen, DKV AG, Abt. Medizinische Beratung, Köln, schrieb
unter dem Titel “Biologika – der aktuelle Megatrend in der
Arzneimitteltherapie”: Auch wenn auf den ersten Blick Biologika
vielversprechend erscheinen, sollten sie aufgrund fehlender Vergleichs-
und Langzeitdaten und schwerwiegender Nebenwirkungen zurückhaltend
verordnet werden. Zu klären scheint es tatsächlich noch einiges zu geben. Das
Arzneimitteltelegramm liefert beispielsweise folgende Informationen:
“Unter Berücksichtigung zusätzlicher Daten der US-amerikanischen
Arzneimittelbehörde FDA erkranken 29 (0,8%) von 3.493 mit den
Antikörpern behandelten Patienten an Krebs im Vergleich zu 3 (0,2%) von
1.512 Patienten der Kontrollgruppen. ..... Eine prädefinierte
Subgruppenanalyse ergibt eine deutliche Dosisabhängigkeit. Bei den
diagnostizierten Tumoren handelt es sich um nicht-melanotischen
Hautkrebs (10 vs. 2), Lymphome (4 vs. 0) sowie Karzinome verschiedener
Organe (Brust, Lungen u.a.). .....“ Die Zulassung für das Arzneimittel Raptiva (Efalizumab), ein Biologika
gegen Psoriasis, ruht inzwischen. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis war laut
der europäischen Arzneimittelagentur EMEA in der zugelassenen
Indikation aufgrund von Sicherheitsbedenken als negativ zu beurteilen. WANC 22.09.09/ Quelle: DGRh
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS