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Bei Rückenschmerz - nicht ruhen sondern bewegen (Foto: DAK/Wigger)
> Rückenschmerz: Behandlung ist zu oft von gestern
Wenn Ärzte Rückenschmerzen behandeln,
dann ist die Therapie oft falsch oder besser veraltet. Anstatt Bewegung
zu verordnen, kommen oft Bettruhe, Wärme oder Kälte zum Einsatz. Den
Grund für so viel passive Therapie sehen Wissenschaftler in einer
fehlerhaften Ausbildung der Ärzte und falschen Forderungen der
Patienten.
Rückenschmerzen hat fast jeder einmal in seinem Leben. Doch in den
meisten Fällen sind sie harmlos und vergehen schnell wieder. Experten
sagen, dass die besten Chancen auf schnelles Wohlbefinden diejenigen
Patienten haben, die ganz normal weiterleben, sich bewegen und in der
schlimmen Phase höchstens kurzzeitig Schmerzmittel einnehmen. Diese Erkenntnis schlägt sich auch in aktuellen Behandlungsleitlinien
nieder – das sind Empfehlungen an Ärzte, wie sie bestimmte Krankheiten
behandeln sollen. Doch – diese Leitlinien sind nicht bindend, sie sind
nur ein Vorschlag.  Ärzte befolgen diese allerdings nur selten,
wie eine Heidelberger Studie zeigt. Noch viel zu häufig werden bei
Rückenschmerzen Bettruhe, Spritzen, Wärme- oder Kälteanwendungen als
sog. passive Therapiemaßnahmen verordnet, auch Krankschreibungen sind
an der Tagesordnung. Die Forscher um Dr. Eva-Kristin Renker (Stiftung Orthopädische
Universitätsklinik Heidelberg) hatten 630 Rückenschmerzpatienten in
orthopädischen Praxen via Fragebogen befragt, einmal vor der Behandlung
und einmal sechs Monate später. Es zeigte sich, dass neben
Physiotherapie vor allem Ruhe/Bettruhe und Spritzen verordnet wurden,
oft kombiniert mit einer Krankschreibung. Je höher der
Chronifizierungsgrad, desto mehr Therapien nahmen die Patienten
parallel in Anspruch, allerdings auch desto mehr passive. Diese
Verordnungspraxis steht damit in deutlichem Widerspruch zu den
aktuellen Therapieempfehlungen, die vor allem die Aufklärung des
Patienten sowie die Ermunterung zu Bewegung beinhalten. Als Gründe dafür nehmen die Autoren der Studie an, dass Ärzte zum einen
noch alten Therapieempfehlungen nachhängen. Aber natürlich tragen die
Patienten laut den Experten auch Schuld: In der Befragung hätte sich
gezeigt, dass Patienten subjektiv den Eindruck haben, Ruhe helfe am
besten gegen ihre Schmerzen. Mit dieser Erwartungshaltung und dem
Wunsch, ernst genommen zu werden, sollen Pateinten ihre Ärzte dazu
„überredet“ haben, die Leitlinienempfehlungen zu vernachlässigen. So
vorsichtig umschreiben es jedenfalls die Forscher. Dass der subjektive Eindruck einer Schmerzlinderung durch passive
Therapien nicht der Realität entspricht, zeigte die Befragung nach
sechs Monaten. Bei 66 Prozent der Patienten, deren Schmerzen anfangs
noch nicht chronisch gewesen waren, verschlechterte sich die Lage. Bei
über der Hälfte der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen änderte
sich nichts an ihren Beschwerden, bei knapp 13 Prozent verschlechterten
sie sich sogar. Nur ein Drittel profitierte von der Behandlung. Um die richtige Behandlung zum Zuge kommen zu lassen, empfehlen die
Autoren der Studie Fortbildungen für Ärzte und Informationen für die
Bevölkerung. WANC 14.07.09/ Quelle: Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS)
 
 
 
 
 
 
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