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Bei der Entwicklung chronischer Rückenschmerzen spielen psychische Aspekte eine wichtige Rolle (Foto: DAK/Rickers)
> Psychotherapie bei Rückenproblemen: Weniger Schmerzen
Psychotherapie kann
Rückenschmerzen lindern und Kranke wieder fit machen: Bei zusätzlicher
Anwendung zur medizinischen Standardbehandlung haben die Patienten weniger
Schmerzen, sind beweglicher und arbeitsfähiger.


Akute Rückenschmerzen sind weit verbreitet: Rund 30 Millionen, also mindestens
jeder dritte Bundesbürger, klagen einmal im Jahr darüber. Vom akuten zum
chronischen Leiden ist der Weg oft nicht weit. Der volkswirtschaftliche Ausfall
liegt schätzungsweise bei 20 Milliarden Euro pro Jahr.



"Bei der Entwicklung chronischer Rückenschmerzen spielen psychische
Aspekte, zum Beispiel eine Neigung zur Depression oder Angst vor Bewegung und
körperlicher Aktivität eine wichtige Rolle. Darauf weisen wissenschaftliche Studien
hin", erklärt Prof. Dr. Marcus Schiltenwolf, Leiter der Sektion
Schmerztherapie an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg. "Patienten
sollte deshalb eine Behandlung angeboten werden, die bereits frühzeitig auch
psychologische Aspekte berücksichtigt." Psychotherapie gehört bislang
jedoch nicht zu den von den Krankenkassen erstatteten Therapien bei
Rückenschmerzen.



Gemeinsam mit Kollegen aus Heidelberg behandelte der Heidelberger
Schmerztherapeut insgesamt 64 Patienten, die erstmals wegen starker
Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule drei bis zwölf Wochen lang
krank geschrieben waren, nach einem standardisierten Schema.



Die Teilnehmer der Studie wurden drei Wochen lang entweder mit medizinischer
Standardtherapie - Krankengymnastik, Bewegungstherapie im Wasser,
Muskeltraining, Rückenschule und Massagen - behandelt. Die Hälfte der Patienten
erhielt statt Wassertherapie psychotherapeutische Behandlung, dreimal in der
Woche, allein und in der Gruppe, und viermal in der Woche Entspannungsübungen.
Beiden Gruppen wurden weder Medikamente noch Spritzen oder Chirotherapie
verabreicht. Die Patienten wurden nach drei Wochen entlassen und weiter von
ihrem Hausarzt oder Orthopäden betreut.



Die Schmerzintensität bei der Entlassung hatte in beiden Gruppen erheblich
abgenommen. Bei einer zweiten Untersuchung nach sechs Monaten zeigte die mit
Psychotherapie behandelte Gruppe noch weniger Schmerzen, während die
konventionell behandelte wieder den Zustand vor der Behandlung zurückgefallen
war. Auch die Beweglichkeit hatte sich nur bei der Psychotherapie-Gruppe
langfristig verbessert; dies galt auch für die Neigung zur Depression.
Besonders eindrucksvoll war der Unterschied bei der Krankschreibung innerhalb
der folgenden zwei Jahre nach Therapieende: Während nur zwei der mit
Standardtherapie behandelten Patienten nicht mehr krankgeschrieben wurden,
waren es in der Psychotherapie-Gruppe 13.



"Die Studie hat gezeigt, dass die konventionelle Therapie kurzfristig
Erfolge bringt, die langfristig durch Psychotherapie stabilisiert werden
können", sagt Schiltenwolf. Dies gelte auch für erstmalige Erkrankungen,
bei denen sich Schmerzmuster und Schmerzverhalten noch nicht verfestigt haben.



WANC 11.04.06

 
 
 
 
 
 
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