Osteoporose: Neue Wege der Therapie

Mediziner
haben herausgefunden, dass ein bestimmter Gendefekt für eine geringere
Knochendichte verantwortlich ist. Diese Erkenntnis eröffnet
möglicherweise ganz neue Wege zur Behandlung der Osteoporose.

An
Osteoporose leiden allein in Deutschland nach Schätzungen mehr als vier
Millionen Menschen, vor allem Frauen. Dr. Meliha Karsak Bonner
Life&Brain-Zentrum hat in Kooperation mit Kollegen der Universität
Jerusalem festgestellt, dass Mäuse mit einem bestimmten Gendefekt eine
geringere Knochendichte aufweisen. Durch ihre Ergebnisse rücken nun die
so genannten Cannabinoidrezeptoren in den Focus der
Osteoporose-Forschung.



"Wir kennen heute zwei Typen von
Cannabinoidrezeptoren, CB1 und CB2", erklärt Karsak. "Der CB1-Rezeptor
wird von den Nervenzellen im Gehirn gebildet und ist beispielsweise für
die psychische Wirkung von Cannabis verantwortlich. Der CB2-Rezeptor
kommt dagegen nicht in Nervenzellen vor; seine Funktion war bislang
unbekannt."



Die Wissenschaftler haben daher Mäuse gentechnisch
so verändert, dass ihr CB2-Rezeptor nicht mehr funktionierte. "Die
Tiere verloren nach und nach die stabilisierenden Knochenbälkchen",
fasst Karsak die Ergebnisse zusammen. "Auch war bei ihnen die Zahl der
Osteoklasten - das sind bestimmte Zellen, die Knochengewebe abbauen
können - um fast die Hälfte erhöht."



Zusammen mit einer
Arbeitsgruppe aus Israel und England konnte Karsak nachweisen, dass
Osteoklasten wie auch ihre Gegenspieler, die für den Knochenaufbau
zuständigen Osteoblasten, auf ihrer Oberfläche CB2-Rezeptoren tragen.
Signalmoleküle wie die vom Körper gebildeten Endocannabinoide scheinen
auf diesem Wege das Knochenwachstum regulieren zu können.



Unterstützt
wird diese These durch Experimente mit Mäusen, denen die Eierstöcke
entfernt worden waren. Der daraus resultierende Östrogen-Mangel führt
normalerweise zum Abbau von Knochensubstanz und schließlich zu einer
"Maus-Osteoporose". "Wir haben die Mäuse mit einem Wirkstoff behandelt,
der spezifisch an den CB2-Rezeptor bindet. Auf diese Weise konnten wir
den durch den Eingriff bedingten Knochenverlust abschwächen", erklärt
die Molekularbiologin.



Doch wie übertragbar sind die
Ergebnisse auf den Menschen? Um diese Frage zu beantworten, wandte sich
die Forscherin an eine Arbeitsgruppe in Frankreich, die über genetische
Proben von mehr als 160 Osteoporose-Patientinnen und 240 gesunden
Frauen verfügt. Mit durchschlagendem Erfolg: "Wir haben eine bestimmte
Variante des CB2 Gens häufiger bei Patientinnen gefunden als in einer
entsprechenden Kontrollgruppe", so Karsak. Wer diesen Defekt in seinen
Erbanlagen mit sich herumtrage, müsse jedoch nicht zwangsläufig
erkranken: "Frauen mit dieser Mutation tragen aber ein dreifach höheres
Osteoporose-Risiko."



Die Ergebnisse zeigen nicht nur, dass der
CB2-Rezeptor für den Erhalt der normalen Knochenmasse essentiell ist.
Sie eröffnen auch völlig neue Möglichkeiten der Therapie: "Bei vielen
Frauen mit Osteoporose funktioniert der CB2-Rezeptor; bei ihnen hat die
Erkrankung andere Ursachen. Bei ihnen könnte man versuchen, den
Rezeptor durch Medikamente zu stimulieren und so den Knochenverlust zu
bremsen." Dass dieser Ansatz funktionieren kann, hat der Versuch mit
den Mäusen ohne Eierstöcke bereits gezeigt.



Und auch für
Frauen mit CB2-Defekt machen die Resultate Hoffnung: Da sich leicht
herausfinden lässt, ob eine Frau Trägerin der entsprechenden Mutation
ist, ermöglichen sie zum Einen eine bessere und schnellere Diagnose.
Zum Anderen rückt nun ein bis dato unbekannter Regulationsmechanismus
in den Focus der Osteoporose-Forschung - langfristig vielleicht auch
eine Chance für neue Medikamente.



WANC 03.02.05/idw





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/03_01_osteoporose.php
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