Rheuma: Keine Krankheit, sondern ein Symptom

Wenn die Gelenke mal mehr und mal weniger
Schmerzen, scheint den meisten Menschen schnell klar: Das ist Rheuma.
Er quält sich damit oder geht zum Hausarzt und fordert schleunigst
helfende Medikamente gegen diese Krankheit. "Rheuma ist aber keine
Krankheit, sondern ein Symptom", korrigiert Prof. Holm Häntzschel, 1.
Sprecher des Rheumazentrums e. V. am Universitätsklinikum Leipzig und
Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik IV.


"Das
aus dem griechischen stammende Wort Rheuma bedeutet soviel wie der
fließende, der wanderende Schmerz. Wenn ein Patient zu uns kommt und
meint, er habe Rheuma, dann bleibt nur, ihm zu entgegnen: 'Es gibt 1001
Ursache für rheumatische Schmerzen, und nur eine davon ist z. B. der
chronische Gelenkrheumatismus.' Und welche Ursache bzw. Erkrankung
dieses Symptom beim konkreten Patienten auslöst, muss dann
herausgefunden werden," Häntzschel.



Neben den klassischen und
klar definierten Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises gebe es
Stoffwechselerkrankungen wie die Gicht, endokrinologische Erkrankungen
wie Schilddrüsenüber- oder unterfunktion, gastroenterologische
Erkrankungen und besonders auch onkologische Erkrankungen, welche mit
Beschwerden in der Muskulatur, den Gelenken und des Knochens
einhergingen und nicht selten rheumatische Erkrankungen auslösten.



Die
sogenannten paraneoplastischen Erkrankungen erfordere deshalb besonders
bei älteren Patienten eine besondere Aufmerksamkeit. Es wäre fatal,
unter dem Symptom Rheuma mit Muskel- und Skelettschmerzen die Diagnose
eines soliden Tumors oder einer hämatologisch-onkologischen Erkrankung
zu übersehen - und damit die Chance für eine Frühdiagnose und
Frühtherapie zu vergeben.



Bakterielle und virale Erkrankungen
gingen nicht selten mit infektiösen bzw. infektreaktiven Gelenk-,
Schleimbeutel- bzw. Sehnenscheidenentzündungen einher. Die auf dem
Boden einer Autoimmunität entstehenden rheumatischen Erkrankungen wie
Lupus erythematodes bezögen schon zu Beginn oder im weiteren Verlauf
verschiedenste Organe bzw. Organsysteme wie Herz, Lunge, Nieren,
Nervensystem, Haut, Leber, Magen-Darm ein und erfordern deshalb eine
interdisziplinäre Zusammenarbeit ein. Letztlich beziehe die entzündlich
rheumatischen Erkrankungen wie Gelenkrheumatismus und Morbus Bechterew
Gelenke und die Wirbelsäule, beonders auch die Halswirbelsäule ein. Von
der Haut bis zur mokrobiologischen Diagnostik, erklärt der Experte.



Entzündlich-rheumatische
Erkrankungen wirken sich auch auf das Herz-Kreislauf-Systems aus.
Häntzschel: "Die anhaltende Entzündungsaktivität führt zunächst zu
einer Funktionsstörung der Gefäßinnenhaut, des Endothels, zu der so
genannten Endothelzelldysfunktion. In der Folge kommt es zu einer
Endothelzellschädigung mit dem Risiko einer beschleunigten
Atherosklerose. Von diesen Vorgängen sind nicht nur die größeren
Blutgefäße, die Arterien, sondern auch die kleineren Blutgefäße
betroffen."



In der Folge könnten bei Patienten mit diesen
entzündlich-rheumatischen bzw. Autoimmunkrankheiten
Durchblutungsstörungen zum Beispiel am Herzen letztlich bis zum
Herzinfarkt auftreten. Auch die Gefahr von Durchblutungsstörungen
anderer Organe bzw. Körperabschnitte bestehe. Die Erforschung der
Ursachen dieser Veränderungen habe ergeben, dass neben den so genannten
traditionellen Risikofaktoren für eine Atherosklerose (Bluthochdruck,
Übergewicht, Erhöhung der Blutfette, Nikotin) durch die Entzündung
bedingte immunologische bzw. biochemische Risiko-Faktoren Ursache
dieser Gefäßwandschädigungen sind.



Bür die Therapie bedeute
das, "die betroffenen Patienten noch intensiver und vor allem
wesentlich früher als bisher mit allen Behandlungsverfahren zu
behandeln, welche für die Therapie von entzündlichen Prozessen bei
Rheumapatienten zugelassen sind. Das Ziel besteht nicht nur in der
Verhinderung von Gelenk- und Wirbelsäulenversteifung, sondern auch
darin, die Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Patienten durch
Beteiligung des Herz-Kreislauf-Systems zu verhindern."



WANC 02.02.06





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/02_02_rheuma_symptom.php
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