Nierenversagen: Wassertrinken bringt keine Verbesserung

Der Mensch braucht Wasser, um zu überleben. Die Niere benötigt Wasser, um vernünftig funktionieren zu können. Wie viel wir täglich trinken sollten, um gesund zu bleiben, ist durchaus fraglich. Aber Flüssigkeit alleine, kann eine Erkrankung der Niere nicht verbessern.

Wie viel Wasser sollten wir eigentlich täglich trinken, um unsere Gesundheit zu schützen? Einfach, weil die immer wiederholte, fast gleiche Antwort: zwei bis drei Liter. Mediziner der Mayo Clinic in den USA bestätigen diese Werte mittels einer von ihnen erstellen Berechnung. Als Richtwert ermittelten sie: Männer sollen pro Tag durchschnittlich 13 Gläser Wasser trinken und Frauen 9 Gläser. Da ein Glas in den USA ca. 235 Milliliter Inhalt hat, müssten Männer also rund 3 Liter am Tag trinken, Frauen 2,1 Liter.

Die Mayo Clinic räumt aber ein, dass der tägliche Wasserbedarf auch vom Alter und dem Gewicht der betroffenen Person abhängig ist. Deshalb präsentieren die Mediziner eine Formel, nach der man den Wasserbedarf errechnen kann: Gewicht (kg) mal Alter (in Jahren) geteilt durch 28,3. Das Ergebnis ist in Unzen, um Liter zu errechnen mal 0,03 nehmen. Für eine/n Vierzigjährigen mit 80 Kilogramm Gewicht würden das täglich 3,39 Liter bedeuten. Ein 60jähriger mit 90 Kilogramm sollte demnach 5,7 Liter trinken. Ob das realistisch ist?

Doch einen wissenschaftlichen Beleg für diese Faustregel konnte der Nierenspezialist Heinz Valtin nicht finden. Seine Untersuchung hat er im vergangenen Jahr in der Fachzeitschrift „American Journal of Physiology" veröffentlicht. Ernährungsexperten meinen inzwischen, dass die Mindestmenge von 1 Liter Trinkflüssigkeit pro Tag nicht unterschritten werden sollte. In manchen Fällen seien selbst zwei Liter zu wenig, z.B. wenn wir Sport treiben oder wenn es im Sommer sehr heiß ist. Im übrigen solle man trinken, wenn man durstig ist, aber in kleineren Mengen, weil der Körper nur 200 Milliliter bei einem Trinken verarbeiten kann.

Bei Menschen mit Niereninsuffizienz (Nierenversagen oder Nierenfunktionsstörung genannt, dabei handelt es sich um eine Unterfunktion einer oder beider Nieren) war bisher klar, das viel Wasser trinken dabei mithelfen könnte, die Funktion des Organs zu erhalten. Diese Empfehlung gründet sich auf ein paar Untersuchungen, in denen viel Flüssigkeit eine bessere Nierenfunktion und weniger Nierensteine bedeutete.

Doch nun haben Mediziner der Universität und des Krankenhauses in Ontario, Kanada, 631 Patienten mit Niereninsuffizienz untersucht, von denen die Hälfte ihre tägliche Wassertrinkmenge von 1,9 bis 2,2 Liter beibehielten, während die andere Hälfte dazu animiert wurde mehr zu trinken. Im Durchschnitt waren das 0,6 Liter am Tag.

Nach einem Jahr wurde bei den Teilnehmern (Durchschnittsalter 65 Jahre, 63,4% Männer) erneut die Nierenfunktion ermittelt. Und zwar an folgenden Werten: glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) - dieser Wert dient der Einschätzung der Nierenfunktion und bezeichnet die Menge Harn, die beide Nieren pro Minute oder Tag bilden, bei gesunden sind das 120 Milliliter pro Minute oder zirka 170 Liter pro Tag. Überraschenderweise ging die eGFR bei den Patienten, die mehr getrunken hatten, stärker zurück als bei denen, die normal weiter getrunken hatten. Bei den Vieltrinkern handelte es sich um einen Rückgang von 2,2 ml/min, bei den Normaltrinkern um 1,9 ml/min.

Nun sind in der Wissenschaft 0,3 ml/min kein bedeutender Unterschied. Zumindest zeigt dieses Ergebnis aber, dass mehr Trinken nicht zu einer Verbesserung einer erkrankten Niere führt. Das Deutsche Ärzteblatt kommentiert das so:
•Eine größere Wasserzufuhr habe den Patienten auch nicht geschadet,
•vielleicht reichte eine zusätzliche Wassermenge von 0,6 Liter nicht für bessere Werte aus,
•vielleicht brauchen Nieren nicht mehr als die normale tägliche Flüssigkeitszufuhr um funktionieren zu können,
•wieder einmal habe sich gezeigt, dass sich Ergebnisse tierex­perimenteller Studien eben nicht einfach auf den Menschen übertragen lassen.

18.5.2018 cs / Quelle: JAMA





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/trinken-nierenversagen-18-5-2018.php
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