Brotschneiden
Spezielles Brot und ein eigenes Messer dafür: Zöliakiekranke müssen in der täglichen Ernährung einiges beachten (Foto: DAK/Hanuschke + Schneider)
> Zöliakie: Umstellung der Ernährung hilft

Hafer, Weizen, Dinkel, Gerste oder
Roggen führen bei manchen Menschen zu Beschwerden. Nicht selten
diagnostiziert der Arzt dann eine Zöliakie: Der Körper
verträgt das Getreide-Eiweiß Gluten nicht. Die Probleme
verschwinden erst mit einer Ernährungsumstellung.


In westlichen Ländern leidet im
Schnitt jeder Tausendste unter einer akuten Zöliakie, auch Sprue
genannt. Eine deutlich größere Anzahl Menschen hat
untypische oder gar keine Symptome und weiß nichts von der
Erkrankung. Sie kann auch erst in späteren Lebensjahren
ausbrechen und verläuft chronisch.



Den Betroffenen beschert sie ständige
Beschwerden, wie Durchfall, Übelkeit, Völlegefühl und
Blähungen, weil der im Getreide enthaltene Kleber Gluten
Entzündungen der Darmschleimhaut verursacht. Dadurch können
die Nahrungsmittel nicht ausreichend verarbeitet werden. Es kommt zu
Vitamin- und Eiweißmangelerscheinungen, Gewichtsverlust und
Blutarmut, die mit ständiger Müdigkeit und Antriebsarmut
einhergehen. Bei Kindern führt die gestörte Darmfunktion zu
Wachstums- und Entwicklungsstörungen.



Die erbliche Veranlagung spielt bei der
Zöliakie eine wichtige Rolle, aber auch das Immunsystem und
Umweltfaktoren beeinflussen das Entstehen. Die Zusammenhänge
sind noch nicht vollständig geklärt. Offenbar ruft das
Gluten im Getreide eine allergieähnliche Reaktion hervor: Das
fehlgeleitete Immunsystem produziert daraufhin Antikörper, die
bestimmte Eiweißverbindungen angreifen und dabei die
Schleimhaut des Dünndarms zerstören.



Das hat ernste Folgen, denn der
Dünndarm zerlegt die Nahrung in ihre Bestandteile. Über die
Falten (Zotten) des Dünndarms gelangen die Nährstoffe in
den Körper. Durch die entzündlichen Prozesse in der
Darmschleimhaut bilden sich die Zotten allmählich zurück,
und die Oberfläche des Darms wird immer kleiner. Die Folge sind
Mangelerscheinungen trotz normaler Ernährung. Die Zöliakie
lässt sich durch eine Darmspiegelung wie auch durch bestimmte
Antikörper im Blut eindeutig nachweisen.



Zöliakie ist nicht heilbar. Bleibt
sie lange unbehandelt, können die chronischen Entzündungen
Darmkrebs verursachen. Doch Medikamente sind zur Behandlung nicht
notwendig. Durch eine Umstellung auf glutenfreie Nahrungsmittel
verschwinden die Beschwerden bald vollständig.



Das erfordert allerdings von
Betroffenen ein gründliches Umlernen: In welchen Nahrungsmitteln
ist Gluten enthalten, welche sind glutenfrei? Die Bilanz wirkt
zunächst erschreckend: Brot, Kuchen, Pizza, Nudeln, viele Soßen
und Suppen, Fertiggerichte und sogar Würzmischungen werden mit
glutenhaltigen Getreidesorten oder Getreidestärke hergestellt,
übrigens auch Bier. Was bleibt da noch übrig?



Obendrein muss man pingelig sein, denn
selbst winzige Mengen von Gluten lösen bereits die
allergieähnlichen Reaktionen aus. Wer pfuscht, bekommt sofort
die Quittung. Das bedeutet: im Supermarkt genau die Zutatenliste der
Lebensmittel prüfen. Zu Hause streng darauf achten, dass für
glutenfreies Brot ein anderes Messer und eine andere Aufbewahrung
benutzt wird als für die glutenhaltigen Lebensmittel der anderen
Familienangehörigen.



Wer einmal den Bogen raus hat, welche
Lebensmittel glutenfrei sind, kann mit ihnen wunderbar kochen und
backen. Brot, Brötchen, Nudeln, Pizza, Kuchen und Torten lassen
sich auch mit Reismehl, Mais- oder Kartoffelmehl und glutenfreien
Getreidesorten wie Amaranth, Buchweizen, Hirse und Quinoa herstellen.
Bei Kuchen und Torten kommen gemahlene Haselnüsse und Mandeln
verstärkt zum Einsatz. Spezialitäten aus südlichen
Ländern, wie Polenta-, Reis- und Hirsegerichte, bereichern den
Speisezettel noch um exotische Noten. Und leckere Soßen haben
gute Köche schon immer ohne die berühmtberüchtigte
Mehlschwitze angefertigt.



Wer nicht alles selber machen will,
kann Brot, Teigwaren und Backmischungen auch im Reformhaus oder bei
speziellen Herstellern besorgen. Und selbst auf Restaurantbesuche
muss niemand verzichten, der einen kritischen Blick auf die
Speisekarte wirft und im Zweifelsfall beim Koch nachfragen lässt.



Vorsicht: Gluten! Gluten ist ein gutes Bindemittel und
Trägerstoff für Aromen. Deswegen versteckt es sich in
vielen Lebensmitteln wie:


  • gebundenen Soßen

  • Suppen

  • Fertiggerichten

  • Pudding


und kann auch enthalten sein in:


  • Pommes Frites, Kroketten, Kartoffelpuffer

  • Wurst und Würstchen

  • Frischkäse mit Kräutern

  • Eis, Milchprodukten mit Frucht

  • Nuss-Nougat-Cremes

  • fettreduzierten Produkten

  • Ketchup, Senf, auch Gewürzmischungen

  • Schokolade


WANC 26.10.07/dgk

 
 
 
 
 
 
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