Krebs: Begrenzung der Ausbreitung wird erforscht

Ein
Enzym - das HectH9 - spielt eine wichtige Rolle bei der
Entstehung vieler Krebsarten. Forscher versuchen nun, die Aktivität
dieses Enzyms zu unterbinden. Die ersten Versuche sind Erfolg
versprechend: In vielen Fällen wurde das Tumorwachstum gehemmt, in
anderen ging der Tumor sogar vollständig zurück.

 

Lebenswichtig
für den Organismus, gleichzeitig aber auch eine der Ursachen für Krebs
ist das derzeit weltweit intensiv erforschte MYC-Gen. Dieses Onkogen
spielt eine wichtige Rolle für das Wachstum von Organismen durch
Zellteilung. Weil es in vielen Tumoren erhöhte Aktivität aufweist und
dort zur unkontrollierten Teilung erkrankter Zellen beiträgt, ist der
Myc-Signalweg ein möglicher Ansatzpunkt für Molekularbiologen und
Biochemiker, um die Entstehung von Krebs zu verhindern.

Eine
internationale Arbeitsgruppe um Professor Dr. Martin Eilers,
stellvertretender Leiter des Instituts für Molekularbiologie und
Tumorforschung (IMT) an der Philipps-Universität Marburg, hat nun einen
Weg gefunden, wie sich die Auswirkungen dieses Gens möglicherweise
begrenzen lassen. Aus dem MYC-Gen wird zunächst ein Protein namens Myc
erzeugt, das auch als Transkriptionsfaktor bezeichnet wird. Dieser
Transkriptionsfaktor aktiviert zahlreiche Zielgene, die zu verstärktem
Zellwachstum beziehungsweise Zelltod beitragen. Diese Aktivierung lässt
sich bislang nicht verhindern: Proteine wie Myc bieten keine
Angriffspunkte für pharmakologische Substanzen, da sie keine eigene
enzymatische Aktivität besitzen, die gehemmt werden könnte.

Den
Wissenschaftlern gelang es aber, eine wichtige Funktion eines
Interaktionspartners von Myc, nämlich des Enzyms HectH9, aufzuklären.
HectH9 verstärkt unter anderem die aktivierenden Eigenschaften von Myc.
Die Tätigkeit von Enzymen wiederum lässt sich durch Medikamente in
vielen Fällen relativ einfach beeinflussen. "Wir hoffen nun", so Sovana
Adhikary, "dass wir eine Substanz finden, der es gelingt, HectH9 zu
blockieren." Dann besteht die Chance, dass sich das Myc-Protein
zeitweise "ausschalten" lässt, um dem Körper die Möglichkeit zu geben,
sich gegen den Krebs zu wehren.

"Eigentlich haben wir über die
Stabilität des Myc-Proteins gearbeitet", so Adhikary. Es "lebt"
durchschnittlich 45 Minuten und wird vom Körper abgebaut, sobald
bestimmte Substanzen eine so genannte Polyubiquitinkette auf der
Myc-Oberfläche aufbauen. "Diese Kette aus miteinander verknüpften
Ubiquitinen ist wie ein Markierungsfähnchen", erklärt Hock, "das dem
Proteasom, dem 'Zellmülleimer', üblicherweise ein Signal gibt, das
Protein abzubauen." Dann aber stellten die Wissenschaftler fest, dass
das Myc-Protein auch dann noch vom Körper abgebaut wurde, wenn sie
durch eine Mutation des Proteins das Andocken des Markierungssignals
verhinderten.

Die Polyubiquitinkette musste also noch eine
andere Funktion haben, schlossen sie und erkannten im weiteren Verlauf
ihrer Arbeit, dass sie die transkriptionelle Aktivität des Myc-Proteins
verstärkte. Die Polyubiquitinkette erhöhte also die Wirkung von Myc auf
Zielgene, die daraufhin die Zelle verstärkt zur Teilung anregte.
Verstärkte Zellteilung wiederum kann zu unkontrollierter Wucherung von
Gewebe, insbesondere auch Krebsgewebe führen.

MYC gehört neben
dem Onkogen RAS zu den wichtigsten menschlichen Genen, die an der
Krebsentstehung beteiligt sind. Seine Anwesenheit alleine führt
allerdings nicht zu Krebs, schließlich spielt es in vielen wichtigen
Zellteilungs- und Wachstumsprozessen des Körpers eine Rolle. "Es kommt
auf den genauen zellulären Kontext an, ob Myc Krebs erzeugt oder
nicht", so Adhikary.

Derzeit lassen die Wissenschaftler Tausende
von Substanzen überprüfen, um herauszufinden, welche davon das Enzym
HectH9 und damit die Aktivität des Myc-Proteins hemmen. Dass dieser Weg
Erfolg versprechend sein könnte, belegen Studien an genetisch
veränderten Mäusen. Hock: "Bei ihnen wurde durch gezielte Mutationen
das MYC-Gen abgeschaltet. In einigen Fällen wurde dadurch das
Tumorwachstum gehemmt, in anderen ging der Tumor sogar vollständig
zurück."


WANC 07.11.05/idw





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/07_11_onkogen.php
powered by webEdition CMS