Blutvergiftung: Körpereigener Entzündungshemmer leistet Überlebenshilfe

Sepsis (Blutvergiftung) ist eine Entzündungsreaktion, die sich auf den ganzen Körper auswirkt. Die Folge des außer Kontrolle geratenen Immunsystems sind lebensbedrohliche Störungen lebenswichtiger Funktionen bis hin zum Versagen mehrerer Organe. Cortisol, ein körpereigenes Hormon der Nebennierenrinde, die Menge an entzündlich wirkenden Botenstoffen senken. Und damit die Überlebenschancen verbessern.

Fieber, Herzrasen, Atemnot und rapider Blutdruckabfall: Wer mit Verdacht auf septischen Schock ins Krankenhaus eingeliefert wird, hat selbst bei intensivmedizinischer Betreuung keine guten Karten. Die Wahrscheinlichkeit zu überleben, beträgt bei schwerer Sepsis etwa eins zu eins. Massive Entzündungsreaktionen im ganzen Körper beeinträchtigen einzelne lebensnotwendige Funktionen des Gesamtorganismus; oft ist ein Multiorganversagen die Folge. Ausgelöst wird dieses Systemische Inflammatorische Response Syndrom (SIRS) - im Volksmund auch als Blutvergiftung bezeichnet - durch eine überschießende Immunabwehr nach schweren Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen.

Cortisol hält Entzündungen in Schach
Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena fanden nun heraus, wie Cortisol, ein körpereigenes Hormon der Nebennierenrinde, in der Lage ist, diese schwere systemische Entzündung in Schach zu halten. "Steht der Körper unter Stress, z.B. durch eine schwere Infektion, dann wird über die Nebennieren verstärkt Cortisol ausgeschüttet", erklärt Dr. Jan P. Tuckermann vom FLI. "Dieses Cortisol soll verhindern, dass die übermäßige Bildung und Freisetzung von Cytokinen, die normalerweise die Immunabwehr regeln, aufgrund ihrer entzündlichen Wirkung bei unkontrollierter Ausschüttung selbst zur Gefahr für den gesamten Körper werden", so Tuckermann weiter. "Das erklärt auch die Tatsache, warum Sepsis-Patienten, die an Nebenniereninsuffizienz leiden, viel schlechtere Überlebenschancen haben".

Die entzündungshemmende Wirkung von körpereigenem Cortisol bei der Sepsis-Bekämpfung wirkt in den Zellen durch Bindung an ein Protein, den so genannten Glucocorticoid-Rezeptor. Diese Rezeptoren kommen in fast allen Zelltypen vor und können über verschiedene Mechanismen agieren, entweder als Einzelmolekül (Monomer) oder als Doppelmolekül (Dimer), wobei sie je nach Form unterschiedliche Funktionen in den Zellen erfüllen. Dieser Rezeptor sorgt für die lebensrettende Herunterregulierung des Immunsystems.

Neue Therapien müssen noch erforscht werden
Kann dieses Wissen neue Perspektiven für die Cortison-Therapie ergeben? Industriell hergestellte Varianten des körpereigenen Cortisols, die als Medikamente zur Behandlung von Entzündungsreaktionen eingesetzt werden, sind aufgrund ihrer massiven Nebenwirkungen zur Behandlung von Sepsis-Patienten bisher äußerst problematisch. Die Untersuchungen zur Wirkungsweise von körpereigenem Cortisol sollen aber dazu beitragen, den therapeutischen Nutzen von Cortisol-Analoga zu verbessern und Sepsis besser bekämpfen zu können.

Hintergrundinformationen:
In Deutschland erkranken jährlich etwa 154.000 Menschen an einer Blutvergiftung (Sepsis). Die Sterblichkeit der schweren Sepsis und des septischen Schocks liegt bei etwa 30 bis 50 Prozent; damit ist Sepsis nach Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.

Sepsis ist eine komplexe, sich auf den gesamten Körper auswirkende Entzündungsreaktion auf eine Infektion durch Bakterien, seltener Pilze oder Viren. Die Infektion bleibt nicht örtlich begrenzt, sondern breitet sich über das Blut rasch im gesamten Körper aus. Das Immunsystem gerät außer Kontrolle, meist verbunden mit lebensbedrohlichen Störungen der Vitalfunktionen, was zum Versagen eines oder mehrerer Organe (Multiorganversagen) führt. Häufigste Ursachen für eine Sepsis sind eine Lungenentzündung, Infektionen im Bauchraum, der Harnwege oder der Geschlechtsorgane, Knochen- und Weichteilinfektionen, aber auch andere Entzündungen, wie z.B. ein eiternder Zahn oder Hirnhautinfektionen.

Glucocorticoide zählen zu den Corticosteroiden, einer Klasse von Steroidhormonen aus der Nebennierenrinde. Natürlich vorkommende Glucocorticoide, wie z.B. Cortisol, sind Abkömmlinge des Progesterons (Gelbkörperhormon) und haben vielfältige physiologische Wirkungen: sie beeinflussen den Stoffwechsel, Wasser- und Elektrolythaushalt, das Herz-Kreislaufsystem und Nervensystem. Darüber hinaus wirken sie entzündungshemmend und immunsuppressiv.

Glucocorticoid-Rezeptoren (GRs) befinden sich in fast allen Zellen unseres Körpers. Sie werden durch die Bindung von Glucocorticoiden aktiviert (Liganden-aktivierte Transkriptionsfaktoren) und können über verschiedene Mechanismen agieren; als Dimer oder Monomer. Dimerisieren zwei GRs entsteht ein Homodimer, das an bestimmte Bereiche der DNA bindet und dadurch die Entstehung von Eiweißen beeinflusst, die bei Entzündungsprozessen eine Rolle spielen. Liegt er als Monomer vor, dann kann er mit anderen Transkriptionsfaktoren direkt interagieren und somit deren Aktivität regulieren.

01.12.2011/ Quelle: FASEB J. (2011), DOI: 10.1096/fj.11-192112





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/sepsis_blutvergiftung_01_12_11.php
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