Long Covid: Das kaum erfasste Problem

Nicht wenige der Patienten, die sich mit Covid infiziert haben, leiden unter einer Folgeerkrankung, die sich Long Covid nennt. Doch wie häufig diese Langzeitfolgen auftreten, darüber kann man bisher nur rätseln. Eine statistisch genaue Erfassung findet nicht statt.


Selbst Wochen oder sogar Monate nach einer Covid-19-Erkrankung können gesundheitliche Langzeitfolgen auftreten - genannt wird das Long Covid. Infektionsschutz.de beschreibt Long Covid so: „Der Begriff „Long COVID" umfasst Symptome, die mehr als vier Wochen nach Ansteckung mit dem Coronavirus fortbestehen, sich verschlechtern oder neu auftreten. Beschwerden, die noch nach drei Monaten bestehen und mindestens zwei Monate lang anhalten oder wiederkehren, werden als Post-COVID-Syndrom bezeichnet."


Symptome von Long Covid
Zu den häufigsten Beschwerden zählen Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue), Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen sowie Muskelschwäche und -schmerzen. Darüberhinaus treten häufig psychische Probleme wie depressive Symptome und Ängstlichkeit sowie Störungen von Geschmack und Geruch auf.


Unterschiedliche Daten zur Häufigkeit
Wie oft das auftritt, darüber gibt es keine genauen Daten. Nur Schätzungen. Das Robert Koch Institut (RKI) zitiert Ergebnisse von Studien, da lag „der Anteil von Long COVID in Studien mit Erwachsenen ohne Hospitalisierung zwischen 7,5 % und 41 %. Bei Erwachsenen, die wegen einer COVID-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden mussten, wurden bei 37,6 % gesundheitliche Langzeitfolgen berichtet. Darüber hinaus gibt es erste Hinweise darauf, dass sich die Häufigkeit von gesundheitlichen Langzeitfolgen je nach Virusvariante unterscheiden könnte".


Der Reha- und Krankenhaus-Betreiber Median hat Zahlen aus verschiedenen Studien zusammengetragen. Laut einer Studie aus Großbritannien klagten 20% der Patienten über verlängert auftretende Symptome auch 4 Wochen nach Infektion. 6 Monate nach einer Infektion wurden bei 10% der Patienten noch Symptome angegeben, vor allem die chronische Fatigue in 35-34% der Fälle und 12 Wochen nach Infektion noch in 16-55% der Fälle.


In einer Datenauswertung von 47910 Teilnehmern wiesen nach einer SARS-CoV-2-Infektion 80% der Studienteilnehmer eines oder mehrere Langzeitsymptome auf: Am häufigsten Fatigue (58 %), Kopfschmerzen (44 %) und Aufmerksamkeitsdefizite (27 %). Darüber hinaus wurden Haarausfall (25 %), Luftnot (24 %) sowie Ageusie (23 %) und Anosmie (21 %) beobachtet.
In einer Untersuchung mit 1.733 Patienten aus Wuhan (China), die sich zwischen Januar und Mai erstmals mit Covid-19 angesteckt hatten, hatten 76 % auch sechs Monate nach Symptombeginn noch mindestens ein Symptom: Müdigkeit oder Muskelschwäche bei 63% der Patienten, Schlafstörungen bei 26%, Angstzustände oder Depressionen bei 23 %.
In einer in Irland durchgeführten Studie, gaben über 60% der Studienteilnehmer nach durchschnittlich 75 Tagen zwischen Diagnose und Nachuntersuchung an, dass sie „nicht wieder vollständig gesund" geworden waren. Geklagt wurde vor allem über anhaltende Fatigue, Kurzatmigkeit und Unwohlsein. g Ein Zusammenhang zwischen dem anfänglichen Schweregrad der Erkrankung und den Langzeitfolgen konnte nicht nachgewiesen werden.

In einer Studie aus Bangladesh litten 46% unter dem Post-Covid-19-Syndrom. Insgesamt zeigten 105 (30%) Patienten mindestens ein Symptom nach Covid-19, 57 (16%) Patienten sogar mehrere Symptome. Erschöpfung war das häufigste Merkmal (117), anhaltender Husten (8,5%), Atemnot nach Belastung (7%), Kopfschmerzen (3,4%), Schwindel (2,3%) und Schlafstörungen (5,9 %).


Schützt eine Impfung vor Long Covid?
Auch wenn die Datenlage zu der Auswirkung einer vollständigen Coronaimpfung auf Long Covid ebenfalls mäßig ist, lassen sich einige Trends ablesen: Die Impfung schützt nicht komplett vor einer Coronainfektion. Aber das Risiko zu sterben oder schwer zu erkranken oder an Long Covid zu erkranken sinkt. Wie sehr, dazu gibt es einfach zu wenig wissenschaftlich fundierte Untersuchungen. Ärzte, die sich mit dem Problem beschäftigen, gehen davon aus, dass Langzeitfolgen bei Ungeimpften deutlich häufiger auftreten als nach einer Impfung. Die Wahrscheinlichkeit von Long Covid nach einer Impfung wird auf 0,02% geschätzt. Es gibt aber auch Berechnungen, die von 2,74% sprechen. Eine Ärztin sagte in eine Interview mit dem Nachrichtensender ntv: "Selbst die grundsätzlich mildere Omikron-Virusvariante kann bei Ungeimpften zum Teil schwere Verläufe nach sich ziehen. Neben dem Vorteil eines milderen Verlaufs lassen sich durch eine Impfung sowohl Spätfolgen einer Intensivbehandlung als auch wahrscheinlich Long-Covid-Folgen klar begrenzen".


Quellen: infektionsschutz.de, median-kliniken.de, RKI


13.07.2022


Aktualisierung:


Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (Prof. Helmut Schatz, Bochum) hat am 11.3.2023 folgende Meldung veröffentlicht

Nach 3 Jahren COVID-Pandemie: Heute Long-COVID ein Problem
Am 11. März 2020 definierte die Weltgesundheitsorganisation WHO die akute Erkrankung nach Infektion mit dem COVID-19 –Virus als Pandemie. Heute jährt sich dieser Tag zum 3ten Mal. Eines der heutigen Probleme bei dieser Erkrankung sind die über Monate und Jahre fortbestehenden Erschöpfungssymptome, des „Long-COVID", wie Fatigue, Atemlosigkeit, kognitive Dysfunktion u.a. . Diese beeinträchtigen das tägliche Leben bei etwa 10-20% der Patienten nach einer akuten Erkrankung, vornehmlich nach leichtem bis mittelschwerem Verlauf, in allen Altersstufen einschließlich der Kinder. Man schätzt ihre Zahl auf weltweit mindestens 65 Millionen. Sie beeinträchtigen das tägliche Leben und führen bei 1 von 10 Personen zu einem finanziellen Verlust. Des Öfteren werden die Symptome eines Long-COVID immer noch als „psychosomatisch" bedingt beurteilt (1).
Am heutigen Tag widmet das LANCET Long-COVID ein Editorial: „Long COVID: 3 years in" (1) Darin werden pathogenetische Mechanismen diskutiert, und es wird beklagt, dass Long-COVID vergleichsweise zur akuten Erkrankung kaum in des Bewusstsein der Öffentlichkeit einschließlich der Behörden gelangte, insbesondere in den Ländern mit geringem Einkommen wie Indien, China und Südafrika.
Das „COVID-OUT-Trial" der US-amerikanischen Autoren, das gestern im DGE-Blog (2) besprochen wurde , entspricht genau diesem Erfordernis: Metformin, frühzeitig bei Erkrankungsbeginn verabreicht, vermindert das Auftreten von Long-COVID in den folgenden 10 Monaten um 42 Relativ-Prozent, absolut von 10.6 % unter Plazebo auf 6.3% unter Metformin (3).
Literatur
(1) Editorial: Long COVID: 3 Years in. LANCET March 11, 2023; Vol. 401, p.795
(2) Helmut Schatz: Metformin verringert Long-COVID.
DGE-Blogbeitrag vom 10. März 2023
(3) Carolyn T. Bramante et al.: Outpatient treatment of Covid-19 and the development of Long Covid over 10 months: A multi-center, quadruple-blinded, parallel group randomized phase 3 trial.
LANCET preprint. https://ssrn.com/abstract=4375620


 





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/longcovid-7-13-2022.php
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