Schweinegrippe: Wer bezahlt die Impfung?

Noch gibt es keinen Impfstoff gegen
die Schweinegrippe. Dennoch haben ihn die Behörden schon bestellt. Und
gleichzeitig brandet der Streit auf: Wer bezahlt die Impfung? Die Bund
und Länder sagen die Kassen. Die Kassen sagen Bund und Länder.
50 Millionen Dosen Impfstoff wurden für Deutschland bestellt, das soll
für 30 Prozent der Bevölkerung reichen. Die Kosten dafür belaufen sich
auf etwa 700 Millionen Euro. Chronisch Kranke und Schwangere sowie
Menschen, die im Gesundheitswesen oder bei Polizei und Feuerwehr
arbeiten, sollen bei der Impfung Vorrang haben. Doch damit beginnen auch schon die Probleme. Problem Nr. 1: Laut
Krankenkassen werden über chronisch Kranke wie HIV-Infizierte,
Fettleibige oder Leberkranke - die laut Impfverordnung zu den 30 %
Impflingen gehören sollen - keine Daten gesammelt. Über Anzahl und
sonstige Kenndaten liegen überhaupt keine Kenntnisse vor. Doch es kommt
noch schlimmer: Zwar verfügen die Krankenkassen über Informationen zu
Diabetikern, Asthmatikern, Herzkranken und Krebspatienten, dürfen diese
nach Einschätzung von Datenschützern aber aufgrund des strengen
gesetzlichen Schutzes von Sozialdaten nicht ohne weiteres nutzen.
Unklar ist zudem, was mit Nicht-Krankenversicherten geschieht, da der
Impfanspruch nur durch eine entsprechende Kassenbescheinigung
nachgewiesen werden kann. Problem Nr. 2: Es ist völlig unklar, wer die Kosten der Impfung trägt.
Die kostet nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums 14 Euro
pro Person - allerdings nur, wenn die Gesundheitsämter die Impfung
koordinieren, sie also nicht in Arztpraxen vorgenommenen wird. Dies ist
aber ebenso offen wie die Frage, wer für Lagerung und Transport der
Impfstoffe sowie für die Information der Bürger aufkommt. Politiker von Bund und Ländern meinen, dass die Krankenkassen für die
Kosten aufkommen müssen. Das betonte auch der hessische
Gesundheitsminister Jürgen Banzer (CDU) unter Verweis auf eine
entsprechende Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Zudem müsse
eine etwaige Quarantäne wie ein normaler Krankheitsfall behandelt
werden. “Also wird das durch die Krankenversicherung im Rahmen der
Lohnfortzahlung erstattet”, sagte er im Deutschlandfunk. Dagegen fordern Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen Bund und
Länder dazu auf, die Kosten zu übernehmen. Andernfalls müssten die
Krankenkassen eventuell Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern erheben,
warnte eine Sprecherin des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) in der
«Leipziger Volkszeitung» und betonte: “Grundsätzlich ist der Umgang mit
einer Pandemie Angelegenheit der öffentlichen Gesundheitsdienste.” Rolf Steinbronn, Chef der AOK Plus, sagte dem Blatt, die mit der
Impfung verbundenen Kosten in Höhe von rund 600 Millionen Euro seien
“ein Betrag, der nicht eingepreist war und nicht eben mal so aus der
Portokasse zu begleichen ist”. Eine Summe dieser Größenordnung bringe
die Kalkulation des Gesundheitsfonds “ins Rutschen”. Banzer warnte vor gravierenden Folgen für die Volkswirtschaft, sollte
die Pandemie nicht einigermaßen kontrolliert werden können. Durch den
Ausfall von Arbeitstagen könnte das Bruttosozialprodukt bis zu drei
Prozent sinken. Diese dramatische Entwicklung solle durch die
Impfstrategie verhindert werden, sagte der CDU-Politiker. Deutschland
befinde sich “mitten in der Abwehrschlacht”. Doch bei der Abwehrschlacht besteht ein kleines Manko, es gibt noch gar
keinen Impfstoff gegen den Schweinegrippen-Erreger H1N1. Er wird
zurzeit noch entwickelt und soll frühestens Ende September,
skeptischere Quellen nennen den Oktober, zur Verfügung stehen. Und, als
wäre das noch nicht genug, gibt es auch noch Zweifel an der Wirksamkeit
eines solchen Medikaments. Der britische Influenza-Experte Tom
Jefferson von der Cochrane Collaboration, einem von Industrie und
Interessenverbänden unabhängigen Netzwerk von Wissenschaftlern, betonte
gegenüber dem „Spiegel“, es sei noch offen, ob die Impfung tatsächlich
vor der Schweinegrippe schützen würde. WANC 28.07.09





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/28_07_schweinegrippe.php
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