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Dicke Menschen benötigen höhere Mengen von Antibiotika, um Infektionen wirkungsvoll zu bekämpfen (Foto: BBC)
> Infektionen: Behandlung an Körpergewicht anpassen

Wissenschaftler fordern, dass
Antibiotika und andere Wirkstoffe gegen Infektionen nicht nach einem
festen Schema, sondern zugeschnitten auf das Körpergewicht und die
Körperbeschaffenheit des Patienten verabreicht werden sollen. Nur so
könne gewährleistet werden, dass jeder Betroffene die für ihn optimale
Menge eines Medikaments erhalte und tatsächlich alle Mikroorganismen
abgetötet werden.
Um Medikamente für Kinder, ältere Menschen sowie Nieren- und
Leberkranke zuzulassen, müssen spezielle Studien durchgeführt werden,
die Aufnahme, Verstoffwechselung und Abbau der Wirkstoffe genauer unter
die Lupe nehmen. Für alle anderen Abweichungen vom Durchschnitt gelte
diese Auflage hingegen nicht, monieren griechische Forscher. Vor allem
bemängeln sie, dass zusätzliche Studien nicht für ein ungewöhnlich
hohes oder niedriges Körpergewicht gefordert würden. Dabei deuteten bereits viele Studien darauf hin, dass speziell
übergewichtige Menschen nicht nur ein anderes Körpervolumen haben, in
dem sich ein verabreichter Wirkstoff verteilt, sondern auch eine andere
Körperchemie. So sei beispielsweise die Löslichkeit mancher Medikamente
anders, weil der Körper einen höheren Fettanteil hat. Vom Fettgewebe
produzierte Hormone und Botenstoffe könnten zudem die Wirkung eines
Mittels beeinflussen. Auch der Abbau von Wirkstoffen durch Leber und
Nieren sei nicht selten aufgrund von vergrößerten oder geschädigten
Organen anders als bei schlankeren Menschen. Allerdings reiche es nicht aus, lediglich den Body-Mass-Index zugrunde
zu legen, betont Matthew Falagas vom Alfa-Institut für Biomedizin in
Athen. Er erklärt das anhand eines Beispiels: Zwar haben die 56
Kilogramm schwere, 1,50 Meter große Frau und der 1,90 große, 90
Kilogramm schwere Mann mit 24,9 Kilogramm pro Quadratmeter den gleichen
Body-Mass-Index, der zudem noch im Idealbereich liegt. Die Muskelmasse
des Mannes könne jedoch je nach Körperbau mehr als doppelt so groß sein
wie die der Frau. Es sei also dringend nötig, vorhandene Studien zur Dosierung von
Antibiotika, antiviralen Medikamenten und Antipilzmitteln neu
auszuwerten und die jeweils beste Anpassungsmethode zu ermitteln,
empfehlen Falagas und sein Kollege Karageorgopoulos. Zudem sollten
künftige Studien von Anfang an so entworfen werden, dass sie die
Einflüsse des Körperbaus mit erfassten. Ansonsten drohe eine deutliche
Verschärfung des Resistenzproblems - schließlich würden die meisten
Krankheitserreger den verwendeten Wirkstoffen gegenüber deshalb
unempfindlich, weil die Dosierung nicht hoch genug sei, um im ersten
Schritt alle Mikroben auszumerzen. Falagas betont, dass eine an das Körpergewicht gekoppelte Dosierung bei
einigen Antibiotika bereits angewendet werde. Es handele sich dabei um
Medikamente mit einem engen Wirkungsspektrum wie Aminoglykoside,
Daptomycin, Colistin und Amphotericin B sowie um Präparate, die bei
bestimmten Indikationen in hoher Dosierung gegeben werden wie
beispielsweise Cotrimoxazol und Metronidazol.
Für die Berechnung der
richtigen Menge ständen im übrigen Computerprogramme zur Verfügung, die
den Ärzten die Arbeit abnehmen könnten. MA 18.01.10, Quelle: Lancet, Deutsches Ärzteblatt
 
 
 
 
 
 
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