Behandlung
Sepsis: Schon eine kleine Wunde kann das Blut vergiften
> Blutvergiftung: Jeden Tag 160 Opfer
Jeden Tag sterben in Deutschland etwa 160 Menschen an einer Sepsis, im Volksmund "Blutvergiftung" genannt. Sie erliegen den Folgen einer außer Kontrolle geratenen Infektion durch Bakterien oder andere Erreger. In Deutschland ist sie die dritthäufigste Todesursache, in den Intensivstationen die Nummer eins.

"Sepsis ist eine weltweit leider völlig übersehene Krankheit", so Oberarzt Dr. Frank Martin Brunkhorst vom Universitätsklinikum in Jena, "obwohl sie von der Bedeutung her mit Aids zu vergleichen ist". Das Bewusstsein für das Krankheitsbild sei auch unter Ärzten unverhältnismäßig gering. Oft werden Patienten mit einer schweren Blutvergiftung erst viel zu spät richtig intensivmedizinisch betreut. Zudem seien die Abläufe der Krankheit nach wie vor nur wenig erforscht. Die Folge ist ein oftmals tödlicher Verlauf.



Die Sepsis entsteht meist durch eine kleine Infektion, die Bakterien, Pilzen oder Protozoen (wie etwa Malariaerregern) auslösen. Das Unangenehme ist: Praktisch jede Infektion kann zu einer Blutvergiftung werden. Gelingt es dem Körper nicht, diese Infektion zu begrenzen und zu kontrollieren, bewirken die Gifte der Krankheitserreger eine Entzündung in allen Organen des Körpers. Und dann geht alles ganz schnell. Schon innerhalb weniger Stunden weisen alle lebenswichtigen Organe des Menschen Entzündungszeichen auf und drohen zu versagen: der Kreislauf (Schock), die Nieren, die Lunge und die Leber.



Schreitet die Vergiftung des Blutes weiter voran, richten sich die körpereigenen Abwehrmaßnahmen gegen den Menschen. Wenn es erst einmal so weit gekommen ist, besteht ohne sofortige intensivmedizinische Behandlung keine Überlebenschance. Zwischen 25 und 40% dieser Patienten versterben trotz Antibiotikatherapie und Intensivbehandlung, sehr oft weil die Sepsis zu spät erkannt wurde.



Wie die Deutsche Sepsis-Gesellschaft informiert, können frühe Zeichen einer Sepsis, die u.a. auf eine verminderte Versorgung der Organe mit Sauerstoff zurückzuführen sind, sein:



  • Verwirrtheit

  • hohes Fieber

  • beschleunigte Atmung

  • beschleunigter Herzschlag

  • erniedrigter Blutdruck


"Diese Zeichen sind sensitiv, jedoch wenig spezifisch, d.h. sie finden sich auch bei einer Vielzahl von Patienten mit anderen Erkrankungen. Die frühe Sepsisdiagnose ist eine schwierige Diagnose. Mit neuen Methoden der Diagnostik im Blut von Patienten mit Infektionen kann die Sepsis früher erkannt werden, als dieses nach klinischen Kriterien häufig möglich ist."



Bei der Behandlung der Sepsis sind auch Infektionsspezialisten beteiligt, denn nur durch die Zusammenarbeit am Krankenbett kann die mikrobiologische Diagnostik rasch in eine adäquate Antibiotika-Therapie umgesetzt werden. Dr. Markus Weigand, Geschäftsführender Oberarzt der Heidelberger Anästhesiologischen Klinik und Organisator des Forums HIFIT hat mit seiner Arbeitsgruppe den "Heidelberg Sepsis Pathway" entwickelt, eine Therapieempfehlung mit Checklisten, die internationale Behandlungsleitlinien umsetzt und bereits in zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen Intensivmedizinern vermittelt wurde.



"Nur eine enge Kontrolle und intensivmedizinische Behandlung der lebenswichtigen Funktionen verbunden mit effektiver Antibiotika-Therapie kann das Leben retten", erklärt Weigand. "Wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass Durchblutung, Sauerstoffversorgung, Ausscheidung und Blutzucker eng kontrolliert und andauernd stabil gehalten werden". Derzeit gelingt es ca. 70 Prozent der Sepsis-Patienten durch Intensivtherapie zu retten.



WANC 17.01.06/idw

 
 
 
 
 
 
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