Antibiotika: Hohe Resistenzen bei Nutztieren

Dass Verbraucher häufig getäuscht
werden, ist leider schon an der Tagesordnung. Das gilt besonders für
Lebensmittel. Immer wieder wird für sicher und unbedenklich erklärt,
was sich im Labor als bedenklich und gesundheitsgefährdend heraus
stellt. Das gilt auch für den Einsatz von Antibiotika in der
Nutztierzucht. Das Fleisch, was wir essen, ist sicher, versucht man uns
weiß zu machen. Doch neue Untersuchungen belegen einmal mehr, dass dem
eben nicht immer so ist. Inzwischen hat die ungehemmte Gabe von
Medikamenten dazu geführt, dass gut die Hälfte aller Tiere – bei
Geflügel betrug die Rate sogar bis 85 Prozent - Resistenzen entwickelt
haben. Und das ist gefährlich auch für den Menschen, weil sich
resistente Erregen nun einmal nicht mehr bekämpfen lassen – ob sie nun
im Tier oder im Mensch ihr Unwesen treiben.
Die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) und der
Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) wollten anscheinend beruhigen.
In einer Meldung gaben sie bekannt: “Sogar wenn ein Mensch jeden Tag
fünf ganze Schweine verzehren könnte, wäre die potentielle Gesamtmenge
an aufgenommenen Arzneimittelrückständen immer noch deutlich unter
einem gesundheitlich bedenklichen Wert.” Dr. Martin Schneidereit, Geschäftsführer des BfT, lies sich wie folgt
zitieren: “Gesunde Lebensmittel setzen voraus, dass Tiere gesund
gehalten werden. Doch weil auch Tiere krank werden können, sind
Tierarzneimittel in der modernen Landwirtschaft unverzichtbar. Sie
garantieren letzten Endes auch die Gesundheit der Verbraucher." Noch
einen drauf setzte Dr. Gibfried Schenk, Geschäftsführer der FNL:
"Unsere Lebensmittel sind sicher! Diese Tatsache wollen wir mit unserer
gemeinsamen Publikation verdeutlichen und zeigen, welche hohen
Sicherheitsstandards in der Zulassung und Verwendung von Medikamenten
für Tiere gelten." Dass die Tatsachen eine ganz andere Sprache sprechen, belegt jetzt eine
Testung von Proben vor allem von Tieren und aus Lebensmitteln auf
Salmonellen und Antibiotikaresistenzen durch das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR). Von den 33.625 Proben waren 48 Prozent resistent
gegen mindestens eine und 35 Prozent sogar resistent gegen mehr als
eine Antibiotikaklasse. Bei den Isolaten von Nutztieren und aus
Lebensmitteln lagen die Resistenzraten dabei wesentlich höher. Eine zweite, nunmehr repräsentative, Untersuchung aus dem Jahr 2009
bestätigt die Ergebnisse für Salmonellen und kommt zu ähnlichen
Ergebnissen auch für Escherichia coli und Campylobacter. „Resistenzen
bei Krankheitserregern in Tieren und auf Lebensmitteln sind ein
gravierendes Problem im gesundheitlichen Verbraucherschutz“, betont
BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. Infektionen mit
resistenten Erregern können beim Menschen den Verlauf von Erkrankungen
verlängern und erschweren. Sie können Krankenhausaufenthalte
erforderlich machen und in bestimmten Fällen auch lebensbedrohlich
werden. Salmonellen gehören zu den häufigsten Auslösern von
Lebensmittelinfektionen beim Menschen. Die sogenannte Salmonellose
äußert sich meist in Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen. Gesunde
Menschen überstehen dies in der Regel innerhalb einiger Tage, doch bei
Abwehr geschwächten Patienten, Älteren und Kindern kann die Infektion
auch einen schweren Verlauf nehmen. Dann kann eine Behandlung mit
Antibiotika notwendig werden. Das Ausmaß der Resistenzen gegen Antibiotika hat das BfR anhand der
EU-weit gültigen epidemiologischen Kriterien bewertet. Diese erlauben,
frühzeitig Abweichungen von einer unbelasteten Bakterienpopulation, der
sogenannten Wildtyppopulation, zu erkennen und treffen keine Aussagen
zur Therapierbarkeit einer Infektion. Laut der Bewertung zeigen
Salmonella-Isolate von Tieren und aus Lebensmitteln für die meisten
antibiotisch wirksamen Substanzen höhere Resistenzraten als solche aus
der Umwelt und aus Futtermitteln. Resistenzen gegen Antibiotikaklassen,
die in der Human- und Tiermedizin seit langem eingesetzt werden, zum
Beispiel Tetrazykline und Aminopenicilline, waren häufig. Auch Resistenzen gegen Antibiotika, die von der WHO als besonders
wichtig für die Humanmedizin eingestuft wurden, sind in Salmonellen
unterschiedlicher Herkünfte nachweisbar. Problematisch sind nicht nur
die resistenten Erreger selbst, sondern auch, dass sie die Resistenzen
an andere Krankheitserreger weitergeben können. Dadurch wird der
Resistenzpool erweitert und das Risiko für Mensch und Tier vergrößert,
wobei ein lückenloser Nachweis der Übertragung dieser Resistenzen auf
den Menschen bislang nur in Einzelfällen erfolgen konnte. In einigen Fällen waren Resistenzen von Salmonellen gegen die besonders
wichtigen Antibiotikagruppen sogar sehr häufig. So waren die Serovare
Salmonella Paratyphi B dT+ vom Huhn und aus Hühnerfleisch sowie
Salmonella Saintpaul aus der Pute und aus Putenfleisch gegenüber der
Gruppe der Chinolone und Fluorochinolone zu 60 bis 85 Prozent
resistent. Diese Salmonella-Serovare kommen in diesen Lebensmitteln
vermehrt vor, verursachen allerdings bisher nur wenige Infektionen beim
Menschen. Resistenzen gegen Cephalosporine der dritten Generation waren
mit 1,1 Prozent im Vergleich zu den übrigen Substanzen selten, bei
einzelnen Salmonella-Serovaren gab es aber deutlich höhere Raten. Das repräsentative Resistenzmonitoring verschiedener Erreger im Jahre
2009 bestätigt die für die Jahre 2000 bis 2008 beschriebenen
Resistenzraten bei Salmonellen und zeigt, dass sie auch bei anderen
Bakterien von Tieren und aus Lebensmitteln nachzuweisen sind.
Resistenzen gegen Fluorochinolone wurden dabei insbesondere bei
Salmonellen und Escherichia coli vom Hähnchen, aber auch bei
Campylobacter vom Hähnchen und vom Mastkalb bei bis zu zwei Drittel der
Isolate nachgewiesen. Resistenzen gegenüber Cephalosporinen der dritten
Generation wurden in über fünf Prozent der Escherichia coli-Isolate von
Masthähnchen nachgewiesen, aber auch vereinzelt bei Isolaten vom
Mastkalb beobachtet. In beiden Studien wird die Resistenzsituation auf den verschiedenen
Stufen der Lebensmittelkette analysiert. Die vergleichbaren
Resistenzmuster von Isolaten von Tieren und aus dem Fleisch der Tiere
unterstreichen die Wahrscheinlichkeit, dass die Erreger bei der
Fleischgewinnung auf das Fleisch gelangen können. Mit dem Fleisch
können die resistenten Keime wiederum zu den Verbrauchern gelangen.
Diese können einer Infektion mit den üblichen Küchenhygienemaßnahmen
vorbeugen. Um eine weitere Zunahme der Resistenzen zu verhindern, sollte der
Antibiotika-Einsatz nach Auffassung des BfR sowohl in der Human- als
auch in der Veterinärmedizin auf das unbedingt notwendige Maß begrenzt
werden. Die Überwachung der Resistenzentwicklung bei Krankheitserregern
und bei Bakterien der Darmflora ist Voraussetzung für die
Risikobewertung von Antibiotikaresistenzen. WANC 14.12.10, Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)





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