Klimawandel: Gefahr neuer Infektionen

Der Klimawandel birgt ganz handfeste
Gefahren. Eine: Tropische Infektionskrankheiten, von denen wir in
unseren Breitengraden bisher verschont geblieben sind, breiten sich
auch nach Deutschland aus.


Die Erderwärmung fördert die
Verbreitung von tropischen Infektionskrankheiten, die durch Mücken
übertragen werden. Ein Experte erwartet, dass Gelbfieber oder
andere Tropenkrankheiten sich in Zukunft bis nach Deutschland
ausbreiten. Einige einheimische Erreger könnten durch den
Klimawandel aber auch zurückgedrängt werden.



Viele Stechmücken, die
Tropenkrankheiten übertragen, sind seit langem in Deutschland
heimisch, erläutert Professor Emil Reisinger, Leiter des
Tropeninstituts an der Uni Rostock. So gebe es hierzulande sechs
Anopheles-Mücken. Sie sind Überträger der Malaria, die
gar keine reine Tropenerkrankung ist.



Bis 1955 hat es laut Reisinger an Nord-
und Ostsee und am Niederrhein immer wieder einheimische Malariafälle
gegeben. Stark verbreitet war die Malaria auch in England während
der "Kleinen Eiszeit" im späten 16. Jahrhundert.
Besiegt wurde sie in Europa durch die Verbesserung der
Wohnverhältnisse und die Trockenlegung von Feuchtgebieten,
weshalb Reisinger eine Rückkehr der Malaria für
unwahrscheinlich hält.



Auch große Cholera-Epidemien
treten nur in Ländern ohne sichere Trinkwasserversorgung auf.
Die steigenden Temperaturen begünstigen jedoch die Vermehrung
des Cholera-Erregers Vibrio cholerae in den Meeren. Laut Reisinger
wurde im Meerwasser von Medina der Erreger 1996 nachgewiesen.



Auch in Europa könnten Menschen an
Cholera-Durchfällen erkranken. Ein Verwandter, Vibrio
vulnificus, vermehrt sich in warmen Sommern auch in der Ostsee. In
den letzten Jahren kam es bei Badegästen zu Wundinfektionen.
Bislang sind es aber Einzelfälle geblieben.



Steigende Temperaturen begünstigen
laut Reisinger die Ausbreitung von Sandmücken. Sie sind die
Überträger von Leishmanien, den Erregern von Orientbeule
und Kala-Azar. Diese Krankheiten waren ursprünglich auf
Wüstenstaaten in Afrika und im Nahen Osten beschränkt.
Inzwischen hätten sich Leishmanien bis Südeuropa
ausgebreitet, die Sandmücken in einem Fall sogar bis zum
Oberrheingraben. Bis 2025 könnten sie Großbritannien
erreichen, befürchtet Professor Reisinger.



Virusinfektionen wie Dengue-Fieber und
Gelbfieber, die in den Tropen Epidemien auslösen, stellen eine
reale Bedrohung dar. Die Überträger, Aedes-Mücken,
sind schon seit Urzeiten in Mitteleuropa heimisch, erklärt der
Infektiologe Dr. Dieter Hassler, Kraichtal. Hohe Temperaturen
beschleunigen die Virusvermehrung in den Mücken. Bei 18 Grad
Celsius dauert es 18 Tage, bis die Mücken die Viren
weitergeben, bei 37 Grad Celsius sind sie bereits nach vier
Tagen infektiös. Bei einer entsprechenden Erwärmung hält
Reisinger das Auftreten von Dengue-Fieber und Gelbfieber in
Deutschland für denkbar.



Wie schnell sich neue Erreger
ausbreiten können, zeige die West-Nil-Fieber-Epidemie in
Nordamerika. Die ersten Erkrankungen traten 1999 während eines
heißen Sommers auf. Im Jahr 2002, auf dem Höhepunkt der
Epidemie, erkrankten 4156 und starben 284 Menschen an der
vormals nur in Afrika und im Orient bekannten Infektion.



Steigende Temperaturen können
jedoch auch zum Rückgang von Infektionen führen.
Ixodes-Zecken, die in Deutschland die Frühsommer-Meningoenzephalitis
und die Lyme-Borreliose übertragen, reagieren sehr empfindlich
auf heiße trockene Sommer. Der Klimawandel könnte sie
zurückdrängen. Dass sie sich in den letzten Jahren stark
ausbreiten konnten, liege vor allem an den milden Wintern, betont
Reisinger.



WANC 13.12.07 Quelle: C. J. Hemmer et al.: Globale
Erwärmung: Wegbereiter für tropische Infektionskrankheiten
in Deutschland? DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2007; 132
(48): S. 2583-2589; D. Hassler: Mehr Infektionskrankheiten durch
globale Erwärmung: echte Gefahr oder Rauschen im Blätterwald?
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2007; 132 (48): S. 2557





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/13_12_klimainfektionen.php
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