Antibiotika-Therapie: Dauert meist viel zu lange

Mindestens sieben Tage – so lange, sagen die meisten
Ärzte, muss man Antibotika einnehmen. Früheres Absetzen erhöhe die Gefahr eines
Rückfalls und fördere Resistenzen. Völlig falsch, urteilen jetzt Experten. Drei
Tage Einnahme reichen bei den meisten Krankheiten, meinen sie. Längere Einnahme
könnte Resistenzen sogar begünstigen.


Das lange Einnehmen von Antibiotika, wie sie die
Schulmedizin predigt, ist nach Meinung von Infektionsexperten doch nicht sinnvoll:
Einerseits bringe die längere Einnahme keinen Vorteil, andererseits könne bei
kürzerer Einnahme zukünftigen Antibiotika-Resistenzen vorgebeugt werden, so Jan
Prins vom Academic Medical Center in Amsterdam. Drei Tage sind, so die
Forscher, beispielsweise bei einer mittelschweren Lungenentzündung ausreichend.



Viele Antibiotika werden eine Woche, zehn Tage oder noch länger verschrieben.
Die meisten Mediziner machen die Patienten noch darauf aufmerksam, dass sie,
wenn auch Symptome verschwunden sind, nicht mit der Einnahme aufhören sollen.
Die Theorie dahinter geht davon aus, dass auch die widerstandsfähigsten
Bakterien damit getötet werden sollten. Wer früher aufhört, könnte, so die
Meinung der Forscher bisher, viel leichter Resistenzen gegen Antibiotika fördern.



Das sei längst überholt und falsch, meinen nun die Wissenschaftler. Die Länge
der Therapie richte sich nach den einstigen Versuchen. Drei Tage reichen
allerdings völlig aus. Das holländische Forscherteam hat dies anhand von
Patienten, die an Lungenentzündung erkrankt waren, untersucht. Bei der
Atemwegsinfektion wird normalerweise zwischen sieben und zehn Tage lang das
Antibiotikum Amoxicillin intravenös verabreicht. Nach drei Tagen erhielt von
den 119 Patienten, bei denen eine deutliche Besserung eingetreten war, die eine
Hälfte das Antibiotikum in Pillenform für fünf weitere Tage, die andere Hälfte
bekam täglich eine Placebo-Pille. Vier Wochen danach waren rund 90 Prozent von
jeder Gruppe gesund. Drei Tage Antibiotika hatten gereicht, um den Großteil der
Krankheitserreger zu vernichten, die restlichen fünf Tage waren überflüssig.



“Die Angst, dass semi-resistente Krankheitserreger im Körper zurückbleiben, ist
unbegründet", so Prins. Es sei eher umgekehrt, meint der Forscher: Durch
eine zu lange Einnahme bleiben einige der Erreger im Darm am Leben und
entwickeln trotz der langen Verabreichung Resistenzen. Bei Ohr- und
Harnwegsinfekten wurde die Dauer der Antibiotika-Therapie aufgrund ähnlicher
Untersuchungen bereits verkürzt. Bei einigen Arten von Halsentzündungen raten
Mediziner überhaupt davon ab, Antibiotika zu schlucken, da diese meist nach
kurzer Zeit bereits von selbst abklingen.



Das Forscherteam will nun alle möglichen Arten von
Infektionen genauer unter die Lupe nehmen, um herauszufinden, bei welchen die
Antibiotika-Einnahme verkürzt werden kann und soll. Der Wissenschaftler ist
aber der Meinung, ehe die genauen Untersuchungsergebnisse vorliegen, dennoch
den Rat der Mediziner zu befolgen und die Therapie nicht vorzeitig abzubrechen.
Es gebe eine Reihe von Infektionskrankheiten, bei denen eine 7-Tages-Therapie
oder sogar eine noch längere Therapie durchaus sinnvoll sei, so der Forscher.



WANC 13.06.06/pte





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/13_06_antibiotika.php
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