Schweinegrippe: Knapper Impfstoff

Engpässe bei der Versorgung mit dem
Impfstoff gegen Schweinegrippe melden die Bundesländer. Die meisten
Impfwilligen werden wahrscheinlich noch bis mindestens Dezember keinen
Schutz gegen das H1N1-Virus erhalten. Doch nicht nur der Impfstoff
bleibt knapp. Viele Ärzte verhalten sich gegenüber der Impfung
reserviert.
  „Schritt für Schritt werden die Bürger geimpft. Wie die Experten
empfehlen, werden zuerst das Gesundheitspersonal und chronisch Kranke
geimpft. Dann jeder, der will.“ Das sagte der neue
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Der Minister zeigt positives Denken. Denn wer sich impfen lassen will
und nicht zu den Risikogruppen gehört, wird wohl kaum vor Dezember
Erfolg haben. Zuvor hatten mehrere Länder Engpässe beim
Schweinegrippenimpfstoff beklagt. Dennoch blieb Rössler bei seiner
positiven Sichtweise: Die Impfaktionen der Länder seien gut angelaufen.
Ganz so gut scheint es aber doch nicht zu stehen. Denn am kommenden
Mittwoch will sich Rössler mit seinen Ministerkollegen aus den
Bundesländern über die Probleme bei der Schweinegrippenimpfung
sprechen. Bereits am heutigen Montag hat es eine Telefonkonferenz zum
Thema geben. Begründete Rösler gegenüber der «Bild»-Zeitung: „Ich
möchte mich bei meinen Länderkollegen über ihre Erfahrungen vor Ort
informieren, um herauszubekommen, wo es mögliche Schwachstellen zum
Beispiel bei der Versorgung mit Impfstoff geben könnte.“ Tatsächlich gibt es gleich mehrere Baustellen. Die Länder haben
insgesamt 50 Millionen Impfdosen geordert. Der Hersteller
GlaxoSmithKline (GSK) hält sich öffentlich bedeckt, wie hoch die
Produktion ist. Wie sich die Firma überhaupt sehr bedeckt hält.
Inoffiziell hört man, dass derzeit rund 1,5 Millionen Dosen pro Woche
bereitgestellt werden. Geplant soll aber die Auslieferung von drei bis
vier Millionen Dosen wöchentlich gewesen sein. GSK weist auf den den
komplizierten Produktionsprozess hin und bleibt bemerkenswert
unkonkret: „Selbst während des Produktionsprozesses unterliegt die
Ausbeute einer gewissen Variabilität und kann sich im Laufe der Zeit
noch verändern.
Die Auslieferung der gesamten 50 Millionen Dosen
erfolgt sukzessive - voraussichtlich wird sie bis ins Jahr 2010
dauern.“ Derartige Meldungen machen sich beim inzwischen besorgten Wahlvolk
nicht so gut. Deshalb ermahnt der Gesundheitsminister die
Pharmaindustrie öffentlichkeitswirksam, ihren Verpflichtungen
nachzukommen und genug Impfstoff zu produzieren. „Wichtig ist jetzt,
dass die Industrie den Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung
stellt“, sagte Rösler der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Die Hoffnung darauf, dass die Industrie bald die avisierten
Produktionsmengen liefern kann, bleibt dennoch vage. Zwar sei es
inzwischen gelungen, durch die Verbesserung des Produktionsverfahrens,
die Ausbeute zu erhöhen. Was das nun aber wieder für den Wirkstoff und
die Verträglichkeit der Impfung bedeutet, ist völlig unklar. Ärger droht aber auch an der Impffront – also bei denen, die die
Impfung durchführen sollen – den Ärzten. Die gesundheitspolitische
Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, mahnte die Ärzte, sich an
der Impfaktion zu beteiligen. “Es kann nicht sein, dass ein Arzt es
ablehnt, gegen die Schweinegrippe zu impfen, obwohl seine Patienten
dies wünschen", sagte Reimann der "Rheinischen Post". Die
SPD-Politikerin forderte Bund und Länder auf, über die Kassenärztlichen
Vereinigungen entsprechend auf die Ärzte einzuwirken. Doch viele Ärzte lehnen die Impfung ab. Aus mehreren Gründen. Beispiel
Berlin: Rund 168.000 Dosen des Impfstoffes stehen bereit. Die “Berliner
Morgenpost” meldete, dass die Senatsgesundheitsverwaltung eigenen
Angaben zufolge mit 216 Arztpraxen einzelne Verträge zur Impfung
abgeschlossen habe. Weitere 220 seien in Bearbeitung. Es gibt in Berlin
rund 6.800 niedergelassene Ärzte. Warum sich die Begeisterung der Ärzte, die Impfung zu vollziehen so
stark in Grenzen hält, begründen Ärztevertreter. Statt der üblichen
Vergütung von 7,10 Euro für eine Einfachimpfung wolle der Berliner
Senat den Medizinern die Schweinegrippe-Impfung nur mit 5,50 Euro
vergüten. Für die Zweitimpfung solle es 4,50 Euro geben. Im Stadtstaat
Hamburg hingegen hat das Gesundheitsministerium 15 Schwerpunktpraxen
benannt, die die Immunisierung vornehmen. Neben der Bezahlung ärgert die Ärzte, dass sie das wirtschaftliche
Risiko der Imfpung übernehmen sollen. In jedem Bundesland wird der
Impfstoff in Ampullen mit jeweils zehn Impfdosen ausgeliefert. Ist eine
Ampulle einmal angebrochen, dann müssen die zehn Dosen innerhalb von 24
Stunden aufgebraucht werden. Im Spiegel macht Kinderarzt Christian
Neumann für Rheinland-Pfalz folgende Rechnung auf: Pro erfolgter
Impfung bekomme er ein Honorar von sechs Euro bezahlt, pro nicht
verbrauchter Dosis soll er der Kasse neun Euro vergüten. Wenn von zehn
potentiellen Patienten vier nicht zur Impfung kämen oder es sich nach
dem Beratungsgespräch anders überlegten, bekomme der Arzt schon kein
Geld mehr, rechnet Neumann vor. Er hätte zwar Anspruch auf sechsmal
sechs Euro Honorar, müsste aber zugleich viermal neun Euro Regress
zahlen. WANC 09.11.09/ Quelle: Rheinische Post, FAZ, Bild





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