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Die Bereitschaft, sich gegen Schweinegrippe impfen zu lassen, ist in Deutschland bisher gering (Foto: GSK)
> Schweinegrippe-Impfung: Die große Geldverschwendung

Sie wurde als Pandemie verkauft: die
Infektion mit der Schweinegrippe. Doch weder wurde bisher eine Pandemie
daraus, noch lassen sich die Menschen in Deutschland massenhaft impfen.
Allerdings: Der Impfstoff wurde massenhaft von Bund und Ländern beim
Hersteller bestellt und bezahlt. Jetzt landen viele Impfdosen im Müll,
weil sie abgelaufen sind. Und weil sich die Pharmafirma auf die
Produktion des Serums gegen den H1N1-Virus konzentriert hat, fehlen
plötzlich Impfstoffe für Kinder.
Eigentlich sollte fast jeder gegen die Schweinegrippe geimpft werden.
Doch es kam anders. Denn die Pandemie, die die
Weltgesundheitsorganisation WHO, ausgerufen hatte, ist in Deutschland
bisher keine Pandemie geworden. Und außerdem wurden die 50 Mio.
bestellte Dosen nicht gebraucht. Deshalb einigten sich Ländern und der
Hersteller GlaxoSmitKline, Hersteller des Impfstoffes Pandemrix®, auf
eine Verringerung der Abnahmemengen. Bisher sind in Deutschland (Stand 2.2.2010) laut Robert Koch Institut
(RKI) 221.764 Menschen mit Schweinegrippe infiziert. Es wurden 216 Tote
gezählt. Anscheinend hat es im Januar wieder mehr Infektionen gegeben.
So wurden in der 2. KW 476 neue Fälle gemeldet, in der 3. KW aber
3.623. In der 4. KW waren es dann aber nur noch 847 Neuinfizierte. Die
Experten warnen, dass es im Februar noch einmal zu einem dramatischen
Anwachsen der Krankheitsfälle kommen könnte. Also eine dritte Welle
bevor stehe. Das RKI hat eine Befragung zur Einstellung gegenüber der Schweinegrippe
durchgeführt. Die große Mehrzahl der Befragten schätzt die persönliche
Gefahr für die Gesundheit durch die Neue Influenza A/H1N1 als niedrig
bzw. eher niedrig ein. Die Wahrnehmung einer Gefährdung hatte sich bis
Ende Dezember weiter verringert. Das sieht das RKI in direktem
Zusammenhang mit dem Rückgang der Zahl der Erkrankungen an Neuer
Influenza A/H1N1. Zu Beginn der Erhebung in KW 47 des vergangenen Jahres gaben 5 % der befragten Personen über 14 Jahren an, dass sie sich gegen die Neue Influenza
A/H1N1 haben impfen lassen. Im Verlauf der Impfkampagne ist diese Zahl
angestiegen und hat sich auf 8 % der Befragten in KW 51 und in KW 53 erhöht. Von den Befragten wurden als Hauptgrund, sich nicht impfen zu lassen,
Unsicherheiten in Bezug auf den verwendeten Impfstoff angegeben. Die
ausgedrückte Skepsis gegenüber dem Impfstoff führt nun dazu, dass die Ländern massenhaft auf
dem Impfstoff sitzen bleiben. Als Beispiel Berlin: Bisher haben sich in
Berlin rund 128.000 Menschen impfen lassen. Ausgeliefert wurden aber
etwas 245.000 Dosen. Derzeit sollen in Arztpraxen und den
Gesundheitsämtern mehr als 107.000 Rationen lagern. Und der Verbrauch
nimmt stark ab. Ursprünglich sollte Berlin zwei Millionen Impfdosen bekommen.
Wahrscheinlich wird die Stadt nur die Hälfte abnehmen müssen. Bis zum
15. Januar hat der Pharmahersteller bereits 736 500 Dosen nach Berlin
geliefert, die letzte Lieferung kommt Ende Februar, berichtet die
Berliner Morgenpost. Eines scheint sicher: Berlin bleibt auf einem Großteil des bestellten
Vorrats sitzen. Auch wenn das Serum zwei Jahre haltbar ist, ein neuer
Skandal ist bereits vorprogrammiert. Denn in Berlin sind Impfdosen im
Wert von 90.000 Euro abgelaufen. Das geht aus der Antwort der
Senatsgesundheitsverwaltung auf eine Parlamentsanfrage des
CDU-Abgeordneten Mario Czaja hervor, berichtet die Morgenpost. Rund
10.700 Impfdosen seien bisher im Müll gelandet, da die Haltbarkeit des
Wirkstoffs abgelaufen war. Nach Öffnen eines Zehnerpacks Pandemix muss
das Serum binnen 24 Stunden gespritzt werden, sonst wird es
unbrauchbar. Die weggeworfenen Dosen zahlt das Land Berlin, die
gesetzlichen Krankenkassen übernehmen lediglich die Kosten für
verwendeten Impfstoff. Auch in anderen Teilen des Bundesgebietes dürfte
es nicht viel anders aussehen.   Und das führt direkt zu einem weiteren Skandal. Weil sich der
Pharmahersteller auf die Produktion des Schweinegrippe-Impfstoffes
konzentriert hat, sind einige Impfstoffe gegen Kinderkrankheiten nicht
mehr lieferbar. Insgesamt sieben davon seien seit Mitte Januar in
Deutschland nicht mehr zu bekommen, sagte Ursel Lindlbauer von der
ständigen Impfkommission des Bundes der "Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung": "Am meisten Sorgen macht uns der Engpass bei dem
einzigen verfügbaren Sechsfach-Impfstoff." Dadurch könne eine ganze
Geburtskohorte von Säuglingen im ersten Lebensjahr nicht mehr gegen die
wichtigsten Kinderkrankheiten immunisiert werden. Der Engpass wird wohl noch bis zur Mitte des Jahres dauern. Der Verband
der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland ist deshalb sauer. "Bei
Kindern, die schon eine Grundimmunisierung haben, ist das nicht
schlimm. Da, wo das fehlt, schon", schimpfte Präsident Wolfram Hartmann
in der "Frankfurter Rundschau". Gerade für junge Säuglinge sei das
fatal. Hartmann kritisierte, dass der Hersteller GlaxoSmithKline nicht
in der Lage sei, Impfstoffe auf Vorrat zu produzieren, was nach seiner
Ansicht durchaus machbar wäre. WANC 08.02.10, Quelle: Berliner Morgenpost, Welt, Süddeutsche Zeitung
 
 
 
 
 
 
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