Erreger
Gefährlich und zunehmend unempfindlicher gegen Antibiotika: der Erreger Staphylococcus aureus (Foto: GBF/Manfred Rohde)
> Bakterien mit den Waffen anderer Bakterien schlagen
Die Unempfindlichkeit von Bakterien gegen
Antibiotika hat inzwischen beunruhigende Ausmaße angenommen. Jetzt haben
Wissenschaftler einen neuen Wirkstoff entdeckt, der die Krankheitserreger daran
hindert zu wachsen. Dabei nutzen sie den Verteidigungsmechanismus anderer
Bakterien.


Neue Hoffnung im Kampf gegen besonders hartnäckige
Krankheitserreger: Wissenschaftler der Gesellschaft für Biotechnologische
Forschung (GBF) in Braunschweig haben einen neuartigen natürlichen Wirkstoff
entdeckt, der verschiedene Arten von Bakterien am Wachsen hindert. Unter
anderem wirkt die Substanz namens „MMA“ – kurz für 7-O-malonyl-Macrolactin A –
gegen einige so genannte multiresistente Keime.



Solche Erreger sind gegen mehrere verschiedene Antibiotika
unempfindlich geworden und können deshalb mit Medikamenten kaum mehr bekämpft
werden. Zu ihnen zählt der berüchtigte Stamm des Methicillin-resistenten
Staphylococcus aureus oder MRSA. Bakterien dieses Typs können
unterschiedlichste Körpergewebe infizieren und dabei schwere Entzündungen
auslösen.



Der neue Stoff, der das Wachstum von MRSA stoppt, wird in
der Natur ausgerechnet von anderen Bakterien hergestellt: Keime der Spezies
Bacillus subtilis, die im Erdboden vorkommen, bilden MMA und scheiden es in
ihre Umgebung aus – möglicherweise um sich bei der Konkurrenz um
nährstoffreiche Lebensräume gegen benachbarte Bakterien durchzusetzen.



Die zunehmende Resistenz vieler Bakterienstämme gegen Antibiotika gilt
gegenwärtig als eines der drängendsten Probleme der Medizin. „Antibiotika sind
unsere schärfste Waffe gegen bakterielle Krankheitserreger“, erklärt die
GBF-Forscherin Dr. Gabriella Molinari. „Wenn Bakterien gleich gegen ein halbes
Dutzend verschiedener Antibiotika resistent werden – wie das bei MRSA geschehen
ist – dann schlagen sie uns diese Waffe aus der Hand.“



Von MMA versprechen sich die Wissenschaftler einiges: Die
Substanz wirkt nicht nur gegen den gefürchteten MRSA, sondern auch gegen
Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), die Darmkrankheiten auslösen können,
sowie gegen besonders gefährliche Varianten des Krankenhaus-Keims Burkholderia
cepacia, der immungeschwächte Personen befällt und sich chronisch in ihrem
Körper festsetzt. Vermutlich stört MMA bei all diesen Bakterien gezielt die
Zellteilung. Bevor MMA einmal in der Klinik eingesetzt wird, dürften allerdings
noch einige Jahre vergehen.



WANC 03.05.06

 
 
 
 
 
 
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