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Die meisten Modeschmuckstücke enthalten Nickel - und lösen häufig Allergien aus (Foto: Stockbyte)
> Jetzt geklärt: Wie Nickelallergie entsteht
Nickel ist einer der Stoffe, der bei
Menschen am häufigsten Allergien auslöst. Doch die Behandlung fällt
schwer. Denn bisher war nicht bekannt, auf welche Weise Nickel eine
Entzündung der Haut hervorruft, die einem sichtbaren Ekzem vorausgeht.
Diesem Geheimnis sind Giessener Forscher jetzt auf die Spur gekommen:
Nickel nutzt eine Zelle, die bei der Immunabwehr eine wichtige Rolle
spielt, um seine entzündungsfördernde Botschaft zu übertragen.
Allergien gehören zu den Erkrankungen, die weiter an Häufigkeit
zunehmen. An der Haut äußern sich Allergien vielfach als Kontaktekzeme,
die mit Juckreiz, Rötung und Schuppung einhergehen. Das mit Abstand
häufigste Allergen ist Nickel: Allein in Europa reagieren nach
aktuellen Schätzungen 65 Millionen Menschen allergisch auf dieses
Metall, das in vielen Gegenständen des alltäglichen Lebens wie z. B.
Modeschmuck, Uhren und Münzen enthalten ist. Die Häufigkeit einer
Nickelallergie ist vielleicht auch deshalb bei Frauen 3-10fach höher
als bei Männern. Sie beträgt bei Frauen 10 – 15 Prozent, bei Männern um
3 Prozent. Bis heute aber sind die Mechanismen, die zur Entstehung von
Kontaktekzemen auf Nickel führen, nur unzureichend verstanden. Die Forscher um Prof. Dr. Matthias Goebeler und Dr. Marc Schmidt
(Universität Gießen, Zentrum für Dermatologie, Venerologie und
Allergologie) konnten nun zeigen, dass Nickel einen Rezeptor –
Rezeptoren sind Zellen, die bestimmte Reize für das Nervensystem so
übersetzen, dass es diese versteht - der so genannten „natürlichen
Immunität“ aktiviert. Damit werden Signalübertragungswege zwischen den
Zellen in Gang gesetzt, die zur Bildung von entzündungsfördernden
Botenstoffen führen. In der Folge kann das spezifische Immunsystem
aktiviert werden und über Vermittlung von T-Lymphozyten ein Ekzem
entstehen. Der jetzt identifizierte Rezeptor, toll-like receptor 4 (TLR4), wurde
bereits 1998 entdeckt, ist aber bislang nur als Erkennungsstruktur für
bestimmte von Bakterien freigesetzte entzündungsfördernde Substanzen,
die so genannten Lipopolysaccharide, bekannt. TLR4 spielt eigentlich
eine Schlüsselrolle bei der Abwehr von Bakterien und verhindert durch
Aktivierung des angeborenen Immunsystems bei bakteriellen Infektionen
deren übermäßige Vermehrung. Die Forscher beobachteten nun, dass Nickel seine entzündungsfördernden
Eigenschaften im Menschen entscheidend über TLR4 vermittelt, dass aber
die Zielstruktur für Nickel eine andere ist als jene, die von
bakteriellen Lipopolysacchariden benutzt wird. Diese Erkenntnisse
liefern ein weiteres Indiz für die Vermutung, dass Allergien im
Wesentlichen fehlgeleitete Immunreaktionen sind. Welchen praktischen Wert die Forschungsergebnisse haben: Sie könnten
einen Durchbruch bei der Therapie der bislang nur schwer behandelbaren
Nicklallergie bedeuten. Denn wenn man weiß, wie eine Krankheit entsteht
und wie sie sich im Körper verbreitet, fällt es einem leichter, dagegen
etwas zu unternehmen. Da es prinzipiell möglich erscheint, spezifische
TLR4-Hemmstoffe zu entwickeln, welche die Aktivierung des Rezeptors
durch Nickel blockieren, ohne damit die wichtige natürliche
Abwehrfunktion von TLR4 bei bakteriellen Infektionen zu
beeinträchtigen, könnte das die Basis für neue Therapiekonzepte sein. WANC 17.08.10, Quelle: Schmidt M, Raghavan B, Müller V, Vogl T, Fejer
G, Tchaptchet S, Keck S, Kalis C, Nielsen P, Galanos C, Roth J, Skerra
A, Martin SF, Freudenberg M, Goebeler M: Crucial role for human
Toll-like receptor 4 in the development of contact allergy to nickel.
Nature Immunology (im Druck); DOI: 10.1038/ni1919
 
 
 
 
 
 
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