Freigelegtes Innere der Gehörschnecke (Cochlea) - zu sehen das Sinnesepithel des Hörorgans, das Cortiorgan, mit den äußeren und inneren Haarsinneszellen (grün), die durch Lärmbelastung gefährdet sind. Die Nervenfasern zum Gehirn sind rot gefärbt, die Zellkerne aller Zellen erscheinen blau. (Foto: Universitätsklinikum Tübingen)
Freigelegtes Innere der Gehörschnecke (Cochlea) - zu sehen das Sinnesepithel des Hörorgans, das Cortiorgan, mit den äußeren und inneren Haarsinneszellen (grün), die durch Lärmbelastung gefährdet sind. Die Nervenfasern zum Gehirn sind rot gefärbt, die Zellkerne aller Zellen erscheinen blau. (Foto: Universitätsklinikum Tübingen)
> Können Potenzmittel vor Hörschäden oder -verlust schützen?
Lärm kann uns taub machen. Dabei werden die empfindlichen Haarsinneszellen im Innenohr verletzt. Doch diese Schädigungen können ganz bestimmte medizinische Substanzen vermeiden:  Vardenafil und Levitra, Substanzen, die sich bereits als Potenzmittel (Viagra, Cialis) einen Namen gemacht haben. 

Dr. Lukas Rüttiger, Hörforscher an der Universität Tübingen, beschreibt die Höchstleistungen, die "unsere Ohren den ganzen Tag lang leisten müssen. Von der Wahrnehmung leisester Geräusche bis zum Ertragen von Lärm durch Verkehr, Baustellen oder auch ganz freiwillig bei Konzertbesuchen oder mit dem aufgedrehten Audioplayer, immer müssen die kleinen Sinneszellen in unserem Ohr Höchstleistungen vollbringen. Dabei werden sie ordentlich durchgeschüttelt.“ Rüttiger weiß, dass das nicht immer ohne Folgen bleibt. Lärm kann die Haarsinneszellen und ihre Nervenverbindungen zum Gehirn dauerhaft schädigen. Und das kann Schwerhörigkeit oder gar zu Hörverlust bedeuten.

Weil die Haarsinneszellen bei Säugetieren nicht ersetzt werden können, versucht sie unser Körper zu schützen. Der Wirkmechanismus umfasst das Aktivieren des Stoffwechsels im Ohr, der die Erregbarkeit der Zellen steuert und das in Gang setzen von Reparaturprozessen.  Diese Prozesse lassen sich den Wissenschaftlern zur Folge durch Vardenafil und Levitra ankurbeln, um das das Innenohr vor Schäden durch Lärm schützt. Dazu war es ausreichend, die Wirkstoffe erst bis zu 24 Stunden nach der Schädigung zu geben. Bisher werden diese Wirkstoffe  bei der Therapie von pulmonaler Hypertonie, erektiler Dysfunktion und benigner Prostata-Hyperplasie eingesetzt.

Zwar gehen die Hörexperten davon aus, dass "die vorliegenden Erkenntnisse, die erstmalig einen therapeutisch nutzbaren Mechanismus im Ohr aufzeigen, in Zukunft vielen Patienten mit akuter Traumatisierung des Gehörorgans helfen könnten, ihr Hörvermögen zu erhalten." Doch bisher ist die Funktion erst an Ratten getestet worden. Jetzt muss die Anwendung am Menschen zur Behandlung von Hörstörungen in gezielten klinischen Studien überprüft werden. Dabei geht es auch darum, um mögliche Risiken zu erkennen.

wanc 25.01.12/ Nature Medicine DOI 10.1038/nm.2634
 
 
 
 
 
 
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