Gegen Karies impfen

Muss der Zahnarzt in Zukunft nicht oder weniger
bohren? Das wäre der Traum vieler! Schon seit den 60er-Jahren versuchen
Forscher, einen der Hauptverursacher von Karies, das Bakterium Streptococcus
mutans, mit einer Art „Impfung“ zu bekämpfen. Jetzt sollen amerikanische Wissenschaftler
diesem Ziel einen Schritt näher gekommen sein.


Grund für die Euphorie ist ein Bericht in der Zeitschrift
Nature Review Immunology. Darin allerdings ist lediglich die Rede davon, wie
wichtig die auf diesem Gebiet forschenden Wissenschaftler eine solche Impfung
besonders für Länder wie Brasilien und China halten, wo Zahnkaries mittlerweile
die Proportionen einer Epidemie angenommen habe.



Der in dem Bericht zitierte Wissenschaftler Martin Taubmann entwickelt mit
seinem Kollegen Daniel Smith vom Forsyth Institute in Boston bereits seit
einigen Jahren einen Eiweiß-Stoff, der in die Nase
gesprüht wird. Er soll den menschlichen Organismus dazu anregen, im Speichel
Antikörper gegen die Bakterien zu bilden.



Genauer gesagt, richten sich die Antikörper nicht gegen die
Karies-Bakterien selbst, sondern gegen das Enzym, mit dessen Hilfe sie sich an
den Zahnbeleg heften, Milchsäure produzieren und den Zahnschmelz zerstören.
Denn wenn die Abwehrkräfte des Körpers dieses Enzym vernichten, ist es den Bakterien
nicht möglich, sich an den Zähnen zu befestigen. Sie bleiben harmlos und können
leicht mit der Zahnbürste weggeputzt werden. Auf diese Weise baut die geimpfte
Person eine lange Zeit selbst den Schutz vor Karies auf.



Erste Impfversuche an Tieren waren in der Vergangenheit bereits erfolgreich
verlaufen. Ziel der amerikanischen Forscher ist es, mithilfe der
Nasenspray-Impfung über die Schleimhaut auch beim Menschen die Produktion von
Antikörpern anzuregen.



Taubman und Smith glauben, der größte Erfolg werde mit der
Impfung bei etwa einjährigen Kindern erzielt, deren Zähne bereits
hervorguckten, aber noch nicht von Streptokokken besiedelt seien. Zu diesem
Zeitpunkt ist das Immunsystem der Kinder genügend entwickelt, um Antikörper zu
produzieren, die die Vermehrung von Streptococcus mutans verhindern. Denn
hätten sich die Bakterien erst einmal auf den Zähnen angesammelt, würden zwar
Antikörper gebildet, diese könnten jedoch das Faulen der Zähne nicht aufhalten.



Die geplante Impfung soll in Form eines Nasensprays verabreicht werden, weil so
einerseits das Lymphgewebe bestmöglich stimuliert werde, wodurch Antikörper
beispielsweise in den Speichel abgegeben werden. Andererseits sei ein
Nasenspray bei Kleinkindern einfach anzuwenden, so die Forscher.



Allerdings stoßen die Impfversuche in der Wissenschaft auf Skepsis. Experten
meinten schon vor Jahren, dass diese Methode nicht ganz ungefährlich sei. Sie
warnten vor diesem Verfahren, weil der Impfstoff möglicherweise auch das
Herzmuskelgewebe angreife.



Außerdem müsse man beachten, dass Karies durch eine vielschichtige Keimflora
hervorgerufen wird. Diese wäre in vollem Umfang nur durch ein breites Spektrum
von Antikörpern beziehungsweise gentechnisch veränderten
Austauschbakterienstämmen unterschiedlicher Spezifität zu beeinflussen. Die
daraus resultierenden Verschiebungen in der Zusammensetzung der Mikroflora in
der Mundhöhle seien dabei nicht abzuschätzen.



Einen anderen Weg beschreiten im Übrigen seit einigen Jahren britische
Forscher: Sie arbeiten an einem passiven Impfschutz, haben die Substanz, die
der Körper direkt gegen die Bakterien produziert, nachgebildet und tragen diese
Antikörper in hoch konzentrierter Dosis mit einer Pipette auf die Zähne auf.
Nachteil: Da dieser Impfstoff keine Immunreaktion beim Menschen auslöst, müssen
die Antikörper jährlich wieder neu auf die Zähne aufgetragen werden.



WANC 14.06.06/rundum zahngesund





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/14_06_karies_impfen.php
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