Neuer Problemkeim zerstört Lungengewebe

Der Keim ist
lebensgefährlich. Er kann ein Gift bilden, das Zellen zerstört. Damit
löst er Lungengewebe auf und sorgt für eine hohe Sterblichkeit bei
einer Lungenentzündung. Gegen ihn ist kaum ein Kraut gewachsen, da er
gegen die meisten Antibiotika bereits resistent ist.

Ein
neuer Problemkeim beunruhigt Mediziner in Deutschland. Einige Bakterien
aus der Gruppe der sogenannten Methicillin-resistenten Staphylococcus
aureus (MRSA), gegen welche die meisten Antibiotika nicht mehr wirken,
haben die Fähigkeit erworben ein tödliches Zellgift zu bilden. Noch
sind die Erreger selten, in Südostbayern ist es jedoch zu zwei
kleineren Ausbrüchen gekommen, berichtet Dr. Hans-Jörg Linde von der
Universität Regensburg in der DMW Deutschen Medizinischen
Wochenschrift.


Das Gift mit der
Bezeichnung Panton-Valentine-Leukozidin (PVL) wurde bereits in den
1930er-Jahren entdeckt. Es zerstört weiße Blutzellen (Leukozyten), also
genau die Zellen, die zur Abwehr an den Ort einer Infektion eilen. Die
Folge sind schwere Gewebszerstörungen, zu denen es allerdings nur in
seltenen Fällen kommt.


In den meisten
Fällen bleibt es bei Nagelbettentzündungen, Furunkeln oder Abszessen
der Haut, an denen nicht selten mehrere Mitglieder einer engen
Gemeinschaft leiden. "Die Übertragung erfolgt häufig in Familien oder
bei Paaren, bei Kontaktsportarten (Ringen, Football), auf Schiffen oder
im Gefängnis", erläutert Linde. Betroffen seien oftmals jüngere
Menschen ohne eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit.



Die
Behandlung besteht in der Eröffnung der Abszesse (durch den Arzt) und
in schweren Fällen in der Gabe von Antibiotika. Dabei ist die Auswahl
nicht sehr groß, da MRSA ja gegen die meisten Antibiotika resistent
sind. Laut Linde ist es am wichtigsten, eine Übertragung der
Erreger zu verhindern. In der Klinik werden die Patienten in
Einzelzimmern versorgt. Strikte Hygiene, besonders aber die
Desinfektion der Hände sind Pflicht.

Denn wenn die
Erreger andere Menschen infizieren, besteht Lebensgefahr. Dringen die
PVL-positiven MRSA in die Lunge ein, kommt es zu einer sehr schweren
Lungenentzündung, bei der das Lungengewebe abstirbt. "Die Sterblichkeit
dieser nekrotisierenden Pneumonie beträgt über 70 Prozent", so Linde.


Wie rasch sich
die Erreger ausbreiten, zeigen zwei Ausbrüche in Südbayern. Einmal
erkrankten 52 Patienten in Kliniken und Alten-/Rehaheimen. Beim anderen
Ausbruch waren 24 Angestellte einer Neugeborenenstation betroffen.

Insgesamt
scheinen die Erkrankungen, die auf allen Kontinenten beobachtet wurden
und in den USA vor allem in den Innenstädten zunehmen, in Deutschland
noch selten zu sein. Nach den Meldungen an das Robert-Koch-Institut
betrug der Anteil der PVL-positiven an allen MRSA in 2004 nur 1,1
Prozent. Die Situation werde an der dortigen Meldestelle aber als
"dynamisch" angesehen, warnt Linde. Mit einem Anstieg in naher Zukunft
müsse wohl gerechnet werden.

WANC 26.10.05
Quelle:
H. Linde, N. Lehn: Infektionen mit Methicillin-resistentem
Staphylococcus aureus: Bedeutung des Pathogenitätsfaktors
Panton-Valentine Leukozidin
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (42): 2397-2401





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/26_10_lungenkeim.php
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