Foto: Stock foto
Schwimmbad: Durch Chlor und Urin entsteht ein asthmaförderndes Gemisch (Foto: Stock foto)
> Chlor in Schwimmbecken: Asthmagefahr
Schwimmen ist gut für die Gesundheit.
Eigentlich. Aber: Zur Desinfektion von Schwimmbeckenwasser wird Chlor
verwendet. Und Chlor kann der Gesundheit schaden, weil es
möglicherweise bei Risikogruppen zur Entwicklung von Asthma beiträgt.
Vor allem Trichloramin, das entsteht, wenn Chlor und der von Badegästen
in das Becken gelassene Harn zusammentreffen, wird als asthmaauslösende
Substanz verdächtigt.
Besorgten Eltern von Kindern unter zwei Jahren, in deren Familien
gehäuft Allergien auftreten, empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA), aus
Vorsorgegründen vom Babyschwimmen abzusehen, bis geklärt ist, ob sich
der Verdacht bestätigt. Alle anderen Kinder und Erwachsene können
Schwimmbäder mit einer Wasseraufbereitung nach den allgemein
anerkannten Regeln der Technik weiter ohne Bedenken nutzen. UBA-Präsident Jochen Flasbarth forderte die Bevölkerung auf, einfache
Hygieneregeln für ein gesundes Baden zu beachten: „Schwimmen ist gesund
für Kinder und Erwachsene. Damit das so bleibt, sollte jede und jeder
durch gründliches Duschen vor dem Baden dazu beitragen, dass es nicht
zu Gesundheitsgefahren durch Trichloramin kommt.“ Trichloramin entsteht, wenn Chlor im Beckenwasser mit dem Harnstoff in
Kontakt kommt, den die Badegäste über Urin, Schweiß, Kosmetika oder
Hautschuppen ins Wasser einbringen. Trichloramin verursacht den
typischen Hallenbadgeruch, der als „Chlorgeruch“ empfunden wird. Von den Schwimmbadbetreibern verlangt Flasbarth, verfügbare Techniken
zur Wasseraufbereitung konsequent zu nutzen: „Hallenbadbetreiber können
die Belastung mit Trichloramin senken, indem sie genügend Frischwasser
zuführen, ihre Bäder ausreichend belüften und nach allgemein
anerkannten Regeln der Technik bauen und betreiben. Moderne Technik und
intensive Aufklärungsarbeit können das Problem so weit lösen, dass
Gesundheitsrisiken durch Reaktionsprodukte des Chlors minimiert werden.“ Öffentliche Bäder werden in Deutschland pro Jahr von 250 bis 300
Millionen Menschen besucht. Eine ausreichende Desinfektion des
Beckenwassers – meist mit Chlor – ist unerlässlich: Denn nicht selten
ist jemand mit Krankheitserregern infiziert, ohne Krankheitssymptome zu
haben. Geht diese Person dann ins Schwimmbad, gelangen  Erreger in
das Beckenwasser. Dass durch die Desinfektion – in geringen
Konzentrationen – Desinfektionsnebenprodukte wie Trichloramin
unvermeidlich entstehen, werde als kleineres Übel akzeptiert. In der Hallenluft deutscher Bäder fand das UBA
Trichloramin-Konzentrationen bis maximal 18,8 Milligramm/Kubikmeter
Luft (mg/m³). 90 Prozent der gemessenen Werte lagen allerdings unter
0,34 mg/m³ und damit deutlich unter dem von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Richtwert von 0,50 mg/m³.
Bei den hohen Messwerten entsprach entweder die Wasseraufbereitung oder
die Hallenbadlüftung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik
(DIN 19643 bzw. VDI 2089 Blatt 1). Ob von solchen Konzentrationen eine Schadwirkung auf das Lungenepithel
im frühkindlichen Stadium ausgeht und in wie weit diese zur
Asthmaentstehung beiträgt, muss in weiteren Studien ermittelt werden.
Belgische Autoren hatten 2003 erstmals einen möglichen Zusammenhang
zwischen Asthma und dem Schwimmen in gechlortem Beckenwasser
diskutiert. Ihre Hypothese: Das Risiko von Asthmaerkrankungen steigt,
wenn der Spiegel des Clara-Zell-Proteins im Blutserum absinkt. Hintergrund ist, dass dieses Absinken auf eine Schädigung des
Bronchialepithels hinweist, die – wenn sie wiederholt auftritt –
vermutlich zu einem erhöhten Asthmarisiko führt. Als mögliche Substanz,
die diesen Effekt auslöst, gilt das Desinfektionsnebenprodukt
Trichloramin. Spätere Studien bestätigten diese Verdachtsmomente und
zeigten einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des ersten
Schwimmens vor dem zweiten Lebensjahr und dem Abfall des
Clara-Zell-Proteins im Blutserum. Noch fehlen aber Daten zur kritischen
Konzentration an Trichloramin und ggf. weiterer Nebenprodukte, die
einzeln oder gemeinsam diese Effekte auslösen. Die Schwimm- und Badebeckenwasserkommission des Bundesministeriums für
Gesundheit (BMG) beim UBA empfiehlt, alle Möglichkeiten auszuschöpfen,
eine Bildung oder Anreicherung von Trichloramin und anderen
Desinfektionsnebenprodukten so gering wie möglich zu halten: • Die Aufbereitungs- und Lüftungstechnik sollte auf dem Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik sein. • Die Badegäste sollten über ihren Einfluss auf die Wasserqualität
informiert werden. Vor allem darüber, dass sie durch gründliches
Duschen vor dem Baden Schweiß, Hautschuppen, Kosmetika und Urinreste
entfernen, aus denen Trichloramin und andere Desinfektionsnebenprodukte
entstehen, und dass sie das Becken nicht als Toilette benutzen sollten. • Sowohl Badbetreiber im Rahmen ihrer Eigenkontrollen, als auch
Gesundheitsämter im Rahmen ihrer Überwachung sollten die chemischen
Parameter entsprechend den Vorgaben der DIN 19643 und der
UBA-Empfehlung regelmäßig prüfen und auf deren Einhaltung hinwirken. • Trotz dieser Maßnahmen kann ein zusätzliches Risiko, an Asthma zu
erkranken, nach dem gegenwärtigen Wissensstand für die empfindlichste
Personengruppe – Kleinkinder unter zwei Jahren mit allergischer
Prädisposition – nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Besorgte
Eltern müssen den Nutzen, den sie im Babyschwimmen sehen, gegenüber
diesem Risiko abwägen. WANC 10.01.11, Quelle: Umweltbundesamt
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS