> Statine: Bei älteren Menschen meist sinnlos

Statine sollen hohe Cholesterinwerte senken und damit vor Herzerkrankungen und Schlaganfällen schützen. Doch gerade bei älteren Menschen scheint der Einsatz der Lipidsenker wenig zu nutzen. Mit einer Ausnahme: Patienten mit Typ-2-Diabetes in der Altersgruppe zwischen 75 und 84 Jahren.


Statine sind umstritten. Immer wieder wird kontrovers über Nutzen und Schaden von Cholesterin- bzw. Lipidsenkern diskutiert. Vor zwei Jahren haben internationale Experten - so drückt es das Fachblatt „Die Ärztezeitung“ aus - versucht, die ihrer Meinung nach verzerrte Darstellung einer Statintherapie zu korrigieren. Der therapeutische Nutzen dieser Medikamente werde unterschätzt, die Nebenwirkungen dagegen stark überschätzt. 


Die Mediziner haben klinische Studien, denen sie eine hohe Zuverlässigkeit beimaßen, ausgewertet: Demnach verminderte sich mit jeder Senkung des LDL-Cholesterins um 1 mmol/l (39 mg/dl) das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse relativ um rund 25 Prozent - und das in jedem Jahr, in dem die Therapie beibehalten werde. 


Die einzigen schwerwiegenden Nebenwirkungen, die Statinen in der Langzeittherapie ursächlich zugeschrieben werden können, seien Myopathien (Muskelerkrankungen), neu aufgetretener Diabetes mellitus und möglicherweise hämorrhagischer Schlaganfall. Die Häufigkeit bewerten die Mediziner aber als nicht sehr hoch:Auf 10.000 Patienten kämen in fünf Jahren fünf Fälle einer Myopathie, 50 bis 100 Fälle von neu aufgetretenem Diabetes und 5 bis 10 hämorrhagischen Schlaganfälle. 


Was die häufig beschriebenen Muskelschmerzen und -schwäche betrifft, so rechnen die Mediziner mit 50 bis 100 Fällen auf 10.000 Patienten. Sie merken aber an, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen Statinen und Muskelbeschwerden selten bewiesen werden konnte. 


Auch die Deutsche Herzstiftung meint: „Wenn Sie als KHK-Patient das Ihnen verordnete Statin absetzen, können Sie sich selbst erheblichen Schaden zufügen. Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass Statine nicht nur den LDL-Cholesterinspiegel senken, sondern in Ihren Gefäßen auch die Plaques stabilisieren, durch deren Aufbrechen ein Herzinfarkt entstehen kann.“  


Der entscheidende Hinweis ist der auf die bestehende Herzerkrankung. Bei Patienten, die ein Herz-Kreislauf-Ereigniss erlitten haben, wird Statinen die Fähigkeit zugesprochen, das Fortschreiten einer Atherosklerose zu verlangsamen und dadurch einem Herzinfarkt oder Schlaganfall vorzubeugen. Bei gesunden Patienten, bei denen Statine quasi als Präventionsmaßnahmen eingesetzt werden, bleibt der Nutzen eher fraglich.


Das belegt auch die neue Studie mit 46.864 Menschen im Alter von 75 Jahren und darüber. Keiner der Teilnehmer hatte Herz-Kreislauf-Probleme. Die Personen wurden unterteilt in Patienten mit oder ohne einen Typ-2-Diabetes und ob sie bereits Statine einnahmen oder erst während der Studie (Laufzeit von 2006 bis 2015) neu verschrieben bekamen. 


Im Vergleich der gesunden Frauen und Männer, die Statine erhielten und die keine Statine einnahmen, brachte die Einnahme keinen Vorteil - es gab nicht weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen insbesondere nicht weniger Arteriosklerose und auch die Sterblichkeit verminderte sich nicht.  


Etwas anders gestaltete sich die Situation bei den Typ-2-Diabetikern. Im Vergleich mit den Patienten, die keine Statine einnahmen, lag das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 24% und die Gesamtsterblichkeit um 16% niedriger. Dies galt allerdings nur für die Altersgruppe der 75-84Jährigen. In der Altersgruppe der 85-90Jährigen verschwand dieser Schutzeffekt der Statine wieder.


Für die Mediziner, die die Studie durchgeführt haben, bedeutet das, dass eine Statinbehandlung für Patienten mit Diabetes, die jünger als 74 Jahre sind, durchaus sinnvoll ist, auch zur Prävention von Herzinfarkt und Schlaganfall. Für über 85-Jährige empfehlen sie die Gabe nicht. Allerdings: Auch diese Ergebnisse von Kardiologen kritisiert, meldet das Deutsche Ärzteblatt. Es kommentiert: „In der Praxis bleibt die Statingabe in der Primärprävention wohl eine individuelle Entscheidung, bei der die unmittelbare Effektivität (Senkung des LDL-Cholesterins) und die Verträglichkeit sowie mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten eine Rolle spielen dürften.“


11.9.2018 cs / Quelle: BMJ

 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS