Roger Cicero starb „plötzlich und vollkommen unerwartet" an einem Schlaganfall - im Alter von 45 Jahren (Foto: Facebook-Seite von Roger Cicero)
Roger Cicero starb „plötzlich und vollkommen unerwartet" an einem Schlaganfall - im Alter von 45 Jahren (Foto: Facebook-Seite von Roger Cicero)
> Schlaganfall: Es trifft auch die Jüngeren

Die meisten trifft es völlig unerwartet. So wie Roger Cicero, der Musiker, der am 24.3.2016 in Hamburg an den Folgen eines Schlaganfalles verstarb - „plötzlich und vollkommen unerwartet". Im Alter von 45 Jahren. Seit Jahren beobachten Ärzte, dass die Zahl der jüngeren Frauen und Männer ansteigt, die einen Schlaganfall erleiden. Eine Studie hat untersucht, welche Risikofaktoren dafür verantwortlich sein könnten.


Roger Cicero ist tatsächlich kein Einzelfall. Etwa 270.000 Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Rund 80% davon sind oberhalb eines Alters von 65 Jahren. Doch längst warnen Mediziner davor, von einer Krankheit des Alters zu sprechen. Denn inzwischen steigt weltweit die Zahl der Betroffenen unter 50 und selbst der Schlaganfall mit unter 30 ist kein Einzelfall mehr. 


In Deutschland liegt die Zahl derjenigen, die jüngeren Jahren - das sind laut Statistik Menschen unter 50 - einen Schlaganfall erleiden bei zwischen 4 und 15%. Da die Forschung in dieser Hinsicht in Deutschland weniger aktiv ist als in anderen Ländern, lässt sich eine exaktere Zahl nicht finden. 


In der Schweiz schaut man da genauer hin. Laut Statistik des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums erleidet weniger als 1% der Bevölkerung unter 34 einen Schlaganfall. Doch seit der Jahrtausendwende hat bei den 25- bis 34-Jährigen die Anzahl Schlaganfälle um gut ein Drittel zugenommen, während insgesamt die Schlaganfallzahlen  zurückgehen. 


Auch in Schweden vermindert sich die Gesamtzahl der Schlaganfälle genauso wie die Sterblichkeit nach einem Schlaganfall. Eine Analyse der Universität Göteborg belegt aber, dass sowohl die Zahl der Schlaganfälle als auch die Vierjahressterblichkeit nach einem initialen Schlaganfall unter jungen Schweden zunimmt.  in den vergangenen 15 Jahren sei eine deutliche Zunahme der Schlaganfallrate unter den 18 bis 45 Jahre alten Patienten beobachtet worden. 


In den USA ist die Zahl der Krankenhauseinlieferungen wegen eines Schlaganfalls in den Jahren 2003 bis 2012 bei den 35- bis 44jährigen Männern um 41,5% und bei den gleichaltrigen Frauen um 30% angestiegen. Eine Zunahme von Schlaganfällen bei jüngeren Erwachsenen registrieren Wissenschaftler vom Centers for Disease Control and Prävention in Atlanta, Georgia, seit 1995/96. Dabei stellen sie auch fest, dass sich die Zahl der vorgefundenen Risikofaktoren in dieser Zeit verdoppelt hat: Mittlerweile liegen in den meisten Fällen drei von fünf wichtigen Risikofaktoren vor. 


Ausgewertet wurden 362.339 Krankenhauseinweisungen in den Jahren 2003/2004 und 421.815 Krankenhauseinweisungen der Jahre 2011/2012. Dabei hat sich der Anteil der Schlaganfallpatienten im Alter von 18 bis 44 Jahren stark erhöht, auch wenn die absolute Zahl gering erscheint: Bei den 18-34-jährigen Männern um 74,8%, bei den gleichaltrigen Frauen um 65,7%, bei den 35-44jährigen Männern um 91% und bei den gleichaltrigen Frauen um 53,6%.


Als Ursachen wurden zunehmend Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Fettleibigkeit und Rauchen ermittelt. Der Anteil derjenigen, bei denen mehr drei oder mehr dieser Risikofaktoren angetroffen wurden, hat zwischen den zwei Auswertungsperioden fast verdoppelt. Männer: von 9% auf 16% im Alter von 18-34 Jahren, von 19% auf 35% im Alter von 35-44 Jahren, von 24% auf 44% im Alter von 45-54 Jahren, von 26% auf 46% im Alter von 55-64 Jahren; Frauen: von 6% auf 13% im Alter von 18-34 Jahren, von 15% auf 32% im Alter von 35-44 Jahren, von 25% auf 44% im Alter von 45-54 Jahren, von 27% auf 48% im Alter von 55-65 Jahren.


Besonders auffällig: Im Zeitraum 2003/2004 bis 2011/2012 stieg der Anteil unter den 18-34jährigen männlichen Schlaganfallpatienten mit Bluthochdruck von 34% auf 41,8% und mit Fettstoffwechselstörungen von 14,6% auf 29,1%, bei Frauen lag der Zuwachs etwas niedriger. Auf die 18-64-Jährigen gesehen betrug die Zunahme der einzelnen Risikofaktoren: Bluthochdruck von 4% auf 11%, Stoffwechselstörungen von 12 auf 21%, Diabetes von 4% auf 7%, Rauchen von 5% auf 16%, starkes Übergewicht von 4% auf 9%.


Nach Ansicht von Ärzten belegen die Zahlen, dass der Lebensstil der Heranwachsenden ungesünder geworden ist. Verantwortlich dafür sind eine falsche Ernährung, Bewegungsmangel und Alkohol- sowie Nikotinkonsum. Junge Erwachsene hätten deshalb oft Übergewicht. 


Das dürfte bei Roger Cicero aber nicht der Grund für den Schlaganfall gewesen sein. Der Sänger lebte offenbar sehr gesund. Verantwortlich werden von ihm Nahestehenden eher seine Arbeitswut, Stress und eine vorangegangene Herzmuskelentzündung gemacht.


cs 11.4.2017/ Quelle: JAMA Neurol.

 
 
 
 
 
 
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