Nachtfluglärm schadet Herz und Gefäßen

Fluglärm schadet der Gesundheit. Insbesondere das Herz leidet darunter. Obwohl immer wieder versucht wird, diese Schäden als mehr oder weniger stark empfundene subjektive Beeinträchtigungen weg zu diskutieren, belegt jetzt eine neue Studie der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz, dass Fluglärm bei Patienten vor allem mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) bzw. einem hohen Risiko für eine KHK zu deutlichen Gefäßschaden, erhöhtem Blutdruck und zu einer verminderten Schlafqualität führen.

„Wir wissen, dass Fluglärm Bluthochdruck, Herzinfarkte und auch Schlaganfälle auslösen kann“, schimpft Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik. „Die Ergebnisse unserer Studie waren so ausgeprägt, dass die Studie schon nach 60 Patienten abgebrochen wurde, obwohl eine Probandenzahl von 100 eingeplant war.“ Münzel ist sich sicher, dass die Studie die Entstehung von schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Folge von Fluglärm erklären kann.

Im Rahmen der Studie wurden 60 Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung oder einem erhöhten Risiko für eine Herzerkrankung während des Schlafs mit simuliertem Nachtfluglärm beschallt. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 61,8 Jahren. Die Lärmbelastung entsprach in der Versuchsnacht insgesamt 60 Nachtflügen mit einem mittleren Schallpegel von 46 dBA. Zur Kontrolle wurde auch ein lärmfreies Nacht-Szenario durchgeführt.

Mit hochauflösenden Ultraschallgeräten wurde gemessen, wie sich der Nachtfluglärm auf die Gefäßfunktion der Patienten auswirkte. Das Ergebnis war deutlich und erschreckend, denn die Verschlechterung der Gefäßfunktion war sehr ausgeprägt. Dr. Frank Schmidt, ebenfalls von der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik, betont: „In unserer ersten Studie konnten wir bereits belegen, dass Nachtfluglärm bei gesunden Probanden die Gefäße schädigt. Gemessen wurde dabei die Erweiterungsfähigkeit der Arterien – im Fachjargon Endothelfunktion –, die unter Nachtfluglärm deutlich abnahm. In unserer aktuellen Studie zeigte sich, dass dieser Effekt bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) noch deutlich stärker ausgeprägt war.“

„Bemerkenswert ist, dass der Lärm die Gefäße schädigte, obwohl die Patienten ihre Herzkreislaufmedikamente einnahmen, die die Gefäßfunktion vor Schäden schützen“, unterstreicht Münzel. „Weiterhin verschlechterte sich die Gefäßfunktion unabhängig davon, ob sich die Patienten über den Lärm geärgert haben oder nicht. Auch die Lärmempfindlichkeit der Patienten spielte keine Rolle. Die Verschlechterung der Gefäßfunktion hat bei Patienten mit einer KHK prognostische Bedeutung, da diese mit einem erhöhten Auftreten von Tod durch Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden ist."

Für die Mainzer Mediziner ist deshalb klar: „Nächtlicher Fluglärm muss damit als wichtiger, neuer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewertet werden. Wir Ärzte können Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin und Diabetes effektiv behandeln. Patienten können mit dem Rauchen aufhören. Lärm ist somit der einzige Herzkreislauf-Risikofaktor, den nur die Politik nachhaltig beeinflussen kann.“

Damit ist dann auch schon angedeutet, dass diese Studie natürlich einen deutlichen politischen Hintergrund hat. Denn für den dritten Terminal am Frankfurter Flughafen wurde kürzlich die Baugenehmigung erteilt. Damit sind die unmittelbaren Anwohner gefährdet und das betrifft auch das Universitätsklinikum Mainz sowie die umliegenden Kliniken. Die Universität fordert  deutliche Entlastung vom Fluglärm und dass dazu alle Optionen des aktiven Schallschutzes zum Einsatz kommen. Die Begründung dafür liest sich in der Studie: Insbesondere Patienten mit Herzproblemen werden sonst einem bedeutenden zusätzlichen Risiko ausgesetzt.

Berliner Ärzteblatt 22.08.2014/ Quelle: Clinical Research in Cardiology





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/herz_kreislauf/fluglaerm-22-08-14.php
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