Warum Cholesterin die Arterien schädigt

Cholesterin gilt als Hauptschuldiger
für die Entstehung von Artherosklerose. Warum? Weil es augenscheinlich
lebensgefährliche Entzündungen in den Arterienwänden hervorrufen kann.
Das geschieht, weil die körpereigene Abwehr auf die Kristalle mit einer
massiven Immunreaktion reagiert. Dabei entstehen entzündliche
Schwellungen in der Gefäßwand, die so genannten atherosklerotischen
Plaques. Dadurch kommt es zur Verengungen der Arterienwände. Mögliche
Folgen: Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlicher Herztod.
In atherosklerotischen Plaques befinden sich neben auskristallisiertem
Cholesterin stets große Mengen von Immunzellen, erstaunlicherweise aber
keine Bakterien oder Viren. Bislang war daher unklar, wodurch die
körpereigenen Abwehrtruppen auf den Plan gerufen werden. Selbst Tiere,
die in absolut steriler Umgebung gehalten werden, können eine
„Arterienverkalkung“ (umgangssprachliche Bezeichnung für
Atherosklerose) bekommen. Sie werden allerdings nur dann krank, wenn
ihr Futter viel Cholesterin enthält. Auch beim Menschen gilt dieser Zusammenhang: Je höher der
Blutcholesterinspiegel, desto größer ist das Atherosklerose-Risiko und
die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden. „Das weiß man
schon lange“, betont Prof. Dr. Eicke Latz von der Uni Bonn. „Warum das
so ist, wusste aber niemand so genau.“ Latz und Kollegen konnten den molekularen Auslöser der Gefäßentzündung
dingfest machen. „Wir haben festgestellt, dass sich bei entsprechender
Ernährung schon nach kurzer Zeit Cholesterin-Kristalle in den
Arterienwänden ablagern“, sagt Peter Düwell von der LMU München. „Diese
Kristalle werden dann von Fresszellen des Immunsystems aufgenommen.“ Das ist der Startschuss für eine verhängnisvolle Kettenreaktion: Die
schwer verdauliche Kost aktiviert in den Fresszellen ein so genanntes
Inflammasom. Dieses Protein-Konglomerat sorgt unter anderem dafür, dass
die Zelle Entzündungsmediatoren freisetzt. Dadurch werden mehr und mehr
Immunzellen an den Ort des Geschehens gelockt. Die Invasion
destabilisiert letztlich die Gefäßwände – mit möglicherweise
lebensbedrohlichen Folgen. „Ganz ähnliche Prozesse laufen beispielsweise bei einem Gichtanfall
ab“, erläutert Latz. „Dort allerdings hauptsächlich in den Gelenken.“
Auch die äußerst schmerzhaften Gichtschübe werden durch falsche
Ernährung ausgelöst. Übeltäter ist hier nicht Fett, sondern
Nukleinsäuren, beispielsweise aus Muskelgeweben (Fleisch). Bei der
Verdauung entsteht Harnsäure, die dann kristallisiert. Diese Kristalle
setzten dann ebenfalls eine starke Entzündungsreaktion in Gang. Der Entstehung von Entzündungsreaktionen liegt die sogenannte
angeborene Immunität als der Teil der körpereigenen Abwehr zu Grunde,
der schnell und direkt auf viele Alarmsignale aus der Umgebung
reagiert. Und dazu scheinen neben Viren, Bakterien oder Pilzen eben
auch bestimmte Kristalle sowie andere Stoffe zu gehören, die bei
Gefahrensituationen auftreten. Vorteil des angeborenen Immunsystems ist es, dass es auf Gefährdungen
sehr schnell reagieren kann. Dabei kann es jedoch augenscheinlich über
das Ziel hinaus schießen. Ein weiteres Beispiel dafür ist die
Staublunge, bei der durch eingeatmete Silikate oder Asbest eine
chronische Entzündungsreaktion ausgelöst wird. Besonders häufig sind
davon Bergleute betroffen. Ein Puzzlesteinchen fehlt den Forschern noch, um das Bild komplett zu
machen: „Wir wissen noch nicht genau, wie die Cholesterin-Kristalle das
Inflammasom aktivieren“, bedauert Latz. Schon jetzt liefern die
Resultate aber Ansatzpunkte für neue Medikamente. Bislang werden in der
Therapie die so genannten Statine eingesetzt. Sie vermindern die
Synthese von endogenem - also vom Körper selbst hergestelltem –
Cholesterin und reduzieren so das Risiko eines Herzinfarktes oder
Schlaganfalls. Statine hemmen jedoch nicht die Aufnahme von Cholesterin
mit der Nahrung. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich
knapp 17 Millionen Menschen an kardiovaskulären Erkrankungen. Jeder
vierte Todesfall weltweit ist damit Folge einer Atherosklerose. WANC 29.04.10, Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Nature





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/herz_kreislauf/29_04_cholesterin_artherosklerose.php
powered by webEdition CMS