> Seltene Erkrankungen – selten wirksame Therapien
Als selten gelten Krankheiten, von
denen im Durchschnitt weniger als 0,05 Prozent der Bevölkerung (einer
unter 2000 Menschen) betroffen ist. Es gibt schätzungsweise 5000 bis
8000 solcher Krankheiten. Das Problem: Weil im Einzelfall so wenige
Patienten betroffen sind, wird nur wenig in die Erforschung von
Therapien investiert. Das bedeutet: Oft können die Erkrankten nur
mangelhaft behandelt werden oder bleiben sogar unbehandelt. Ein
Beispiel ist die pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) – eine der
seltenen Formen des Lungenhochdrucks.
„Rund vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an Seltenen
Erkrankungen. Bisher gibt es nur gegen sehr wenige dieser Erkrankungen
wirksame Medikamente und Therapien. Deshalb setzen betroffene Menschen
große Hoffnungen in die Forschung. Sie eröffnet ihnen neue
Perspektiven“, sagte Dr. Helge Braun, Parlamentarischer Staatssekretär
im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). „Manche Erkrankungen sind so selten, dass nur eine Handvoll Menschen
darunter leiden. Für die Betroffenen sind daher die Wege zur Diagnose
besonders lang und die Therapiemöglichkeiten eingeschränkt“, ergänzt
Eva Luise Köhler, Schirmherrin der Allianz Chronischer Seltener
Erkrankungen (ACHSE). Dass sich das ändern soll, dafür will das BMBF sorgen. Sie unterstützt
die Erforschung mit etwa 30 Millionen Euro pro Jahr. Ziel ist es, die
nationalen Kapazitäten in Forschung und Versorgung zu einzelnen oder
Gruppen von Seltenen Erkrankungen zusammenzuführen. So werden 16
Netzwerke mit rund acht Millionen Euro pro Jahr finanziert, darunter
solche zur Erforschung von schweren Hauterkrankungen, Erkrankungen des
Nerven- oder des Immunsystems. Eine dieser seltenen Erkrankungen ist die pulmonale arterielle
Hypertonie (PAH), sagt die PHA Europe (Pulmonary Hypertension
Association Europe) – die Europäische Dachorganisation für
Lungenhochdruck. PAH tritt bei 50 von einer Million Menschen auf. Sie ist eine fortschreitende Krankheit, welche
die Lungen und das Herz befällt. Die extreme und oft unerwartete
Atemlosigkeit, Schwäche und Müdigkeit, die durch PAH verursacht werden
können, haben dramatische Auswirkungen auf die Lebensqualität des
Patienten. Sie machen einfache alltägliche Aufgaben wie das
Treppensteigen, das Gehen selbst über kurze Entfernungen und das
Ankleiden schwierig.Bei früher Diagnose und Behandlung können fast zwei
Drittel der PAH-Patienten länger als fünf Jahre überleben, doch die
Diagnose verzögert sich oft um bis zu zwei Jahre. PAH geht oft mit
anderen Krankheiten einer, beispielsweise mit angeborenen
Herzkrankheiten, chronischer Lebererkrankung oder
Bindegewebskrankheiten. In den meisten Fällen hat PAH keine bekannte
Ursache, in seltenen Fällen kann sie vererbt werden. Eine weitere seltene Krankheit ist Kleinwüchsigkeit. Gut 100.000
Bundesbürger sind von Kleinwuchs betroffen, d.h. sie sind oder werden
als Erwachsene zwischen 70 cm und 150 cm groß. Die Ursachen von
Wachstumsstörungen sind sehr vielfältig. Es gibt weit über 100
Kleinwuchsformen. Bei nur wenigen Formen des Kleinwuchses ist eine
Behandlung mit Wachstumshormon erfolgreich. (Der Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V.) Die Mehrzahl der über 800 neuromuskulären Krankheiten sind erblich
bedingt und bis heute unheilbar. Sie beeinträchtigen das Leben der rund
100.000 Betroffenen mitunter schon im Kindesalter erheblich. Durch den
Muskelschwund werden sie in ihrer Bewegungsfähigkeit drastisch
eingeschränkt. (Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V. - DGM) Unter einer Mukopolysaccharidose, abgekürzt MPS, versteht man eine
Stoffwechselkrankheit, bei welcher der Abbau der Mukopolysaccharide
gestört ist. Mukopolysaccharide sind unter anderem Bestandteile des
Bindegewebes. Sie sind wichtig für den Aufbau und die Funktion von
Sehnen, Knorpeln und Gelenken, spielen aber auch eine entscheidende
Rolle für die Funktion von Organen wie Herz oder Gehirn. Die Erkrankung
kann beispielsweise zur Vergrößerung der Leber und Milz und zur
Verdickung der Haut führen und ist bisher unheilbar. Betroffen sind in
Deutschland rund 1000 Menschen. (Gesellschaft für Mukopolysaccharidosen
(MPS) e.V.) NBIA (Neurodegeneration with Brain Iron Accumulation /
Neurodegeneration mit Eisenspeicherung im Gehirn - vormals
Hallervorden-Spatz-Syndrom). ist eine unheilbare erblich bedingte
neurologische Krankheit, die überwiegend Kinder und Jugendliche
betrifft. Abnorme Eisenmengen lagern sich bei den Betroffenen in den
Basalganglien ab, also dort, wo im Gehirn Bewegungen und Muskelspannung
gesteuert werden. Bei etwa der Hälfte aller NBIA-Patienten sind diese
Eisenablagerungen Folge einer Stoffwechselstörung, die durch Mutationen
im Gen PANK2 auf Chromosom 20 ausgelöst wird und auch die Funktion der
Mitochondrien beeinträchtigt. Diese häufigste Form von NBIA heißt
Pantothen-Kinase Assoziierte Neurodegeneration (PKAN) und geht stets
einher mit dem sog. Tigerauge-Zeichen im MRT. Für die anderen
Erkrankungsfälle sind die genauen genetischen Ursachen noch unbekannt. NBIA beginnt schleichend, oft mit Verhaltensauffälligkeiten,
Zehenspitzengang, Stürzen und Sprechstörungen und führt zum
allmählichen Verlust der Bewegungskontrolle bis hin zur
Rollstuhlpflichtigkeit. Am Ende steht die völlige Bewegungsunfähigkeit.
Die Patienten können schließlich nicht mehr sprechen und schlucken und
bekommen Probleme mit der Atmung. Weltweit gibt es 1000-2000 Fälle, in
Deutschland ca. 20 Fälle. (Hoffnungsbaum e.V. – Verein zur Förderung der Erforschung und Behandlung von NBIA) In Deutschland leiden ca. 30.000-40.000 Menschen unter der kaum
bekannten Krankheit Lupus Erythematodes, die vor allem Frauen trifft.
Beim Lupus richtet sich das Immunsystem fälschlicher Weise gegen den
eigenen Körper und zerstört ihn. Typisch ist eine schmetterlingsförmige
Hautrötung auf Nase und Wangen, die der Krankheit auch den Namen
“Schmetterlingsflechte” verliehen hat, die jedoch nur in etwa der
Hälfte der Fälle auftritt. Den meisten PatientInnen sieht man die
Krankheit nicht an. Lupus-PatientInnen sind oft müde und abgespannt,
haben häufig eine leicht erhöhte Körpertemperatur, unerklärlicher
Gewichtsverlust, diffusen Haarausfall und Lymphdrüsenschwellungen;
manchmal kommen Sonnen- oder Kälteempfindlichkeit oder Allergien hinzu.
Bisher ist Lupus nicht
heilbar. Doch wenn die Erkrankung früh erkannt und richtig behandelt
wird, ist für die meisten eine normale Lebenserwartung zu erwarten.
(Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V.) 28.02.2011/ Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), PHA Europe
 
 
 
 
 
 
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