Foto: County Pathology Ltd
(Foto: County Pathology Ltd)
> Schlaganfall: Mehr Risiko durch Vorhofflimmern
Der Schlaganfall ist die am meisten
gefürchtete und folgenschwerste Komplikation des Vorhofflimmerns. Jedes
Jahr verursacht Vorhofflimmern etwa 30.000 Schlaganfälle. Tückisch ist,
dass Vorhofflimmern bei der Hälfte aller Patienten ohne Symptome oder
Beschwerden auftritt und so unentdeckt bleiben kann. Mit dem Alter
steigt das Risiko, von Vorhofflimmern betroffen zu sein. Bei den über
60-Jährigen liegt die Häufigkeit bei 4-6 %, bei den über 80-Jährigen
bereits bei 9-16 %. Deswegen ist es wichtig, Vorhofflimmern frühzeitig
aufzudecken und zu verhindern, dass es unbemerkt bleibt und zum
Schlaganfall führt.
Vorhofflimmern ist dadurch gekennzeichnet, dass das Herz völlig außer
Takt gerät: Das Herz schlägt chaotisch und rast mit einem Puls von bis
zu 160 Schlägen pro Minute, selten sogar schneller. Oft begleiten
Unruhe, Angstgefühle, Abgeschlagenheit, Atemnot oder
Leistungseinschränkungen das Herzstolpern und -rasen. Allerdings gibt
es viele Menschen, die ihr Vorhofflimmern nicht bemerken, da sie keine
Beschwerden haben. Um unbemerktes Vorhofflimmern aufzudecken, gibt es verschiedene
Möglichkeiten. „Wenn ein Patient mit Bluthochdruck oder im Alter von
über 65 Jahren – aus welchem Grund auch immer – einen Arzt aufsucht,
sollte der Arzt seinen Puls fühlen, und wenn er unregelmäßig ist, ein
EKG machen, das Vorhofflimmern dokumentieren kann“, fordert der
Kardiologe Prof. Dr. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Herzstiftung. Auch können Patienten, die ihren Blutdruck selbst messen, mit
Blutdruckmessgeräten, die den unregelmäßigen Herzschlag anzeigen,
selbst Unregelmäßigkeiten des Pulses feststellen und dann den
Herzrhythmus beim Internisten oder Kardiologen durch ein EKG überprüfen
lassen. Nach Meinung von Meinertz kann jeder lernen, selbst den Puls zu
fühlen und dadurch kontrollieren, ob der Puls unregelmäßig oder z.B. zu
schnell ist. Wenn dies der Fall ist, müsse der Arzt dann prüfen, ob
Rhythmusstörungen vorliegen. Weil die Hälfte der durch Vorhofflimmern verursachten Schlaganfälle bei
Patienten im Alter von über 75 Jahren auftritt, fordern mittlerweile
die neuen Behandlungs-Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für
Kardiologie, dass alle Patienten über 75 Jahre mit Vorhofflimmern ein
gerinnungshemmendes Medikament wie Marcumar oder Falithrom zur
Verminderung des Embolie- und Schlaganfallrisikos nehmen sollten.
„Diese Patientengruppe mit dem höchsten Risiko für Embolien und
Schlaganfälle, bei der zudem der größte Nutzen durch die
Gerinnungshemmung zu erzielen ist, erhält jedoch gegenwärtig noch
selten den Gerinnungshemmer Marcumar“, moniert Meinertz. Schlaganfall durch Vorhofflimmern entsteht, wenn sich durch das
Flimmern die Herzvorhöfe nicht mehr regelmäßig zusammenziehen und sich
so Blutgerinnsel bilden, die vom Blutstrom fortgeschwemmt Hirngefäße
verschließen. Um solche Gerinnselbildungen zu verhindern, müssen die
Patienten mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt werden. Dafür
werden die Arzneimittel Phenprocoumon (Marcumar, Falithrom, Coumadin)
oder Acetylsalicylsäure (ASS) eingesetzt. Allerdings ist das Risiko für Schlaganfälle unterschiedlich. Das Risiko
für Schlaganfälle und andere Gefäßverschlüsse (Embolien) und die Wahl
der gerinnungshemmenden Behandlung hängen vom Lebensalter des Patienten
und den Begleiterkrankungen ab. Patientinnen und Patienten unter 65
Jahre ohne Herz- oder Gefäßerkrankung brauchen keine
gerinnungshemmenden Medikamente, weil ihr Schlaganfallrisiko sehr
gering ist, meint Meinertz. Bei den anderen gelte, „das Risiko für
einen Schlaganfall gegen das Blutungsrisiko abzuwägen“. Wie misst man die Herzfrequenz? Zunächst bleibt man 5 Minuten ruhig sitzen. Dann sucht man mit dem
Zeige- und Mittelfinger an der Innenseite des Unterarms unter dem
Daumen die Unterarmarterie. Man misst den Puls 30 Sekunden lang und
verdoppelt das Ergebnis. Dabei lassen sich auch Unregelmäßigkeiten des
Pulses feststellen. Marcumar-Patienten: Immer den INR-Wert bestimmen lassen! Patienten, die nicht mit ASS, sondern mit Marcumar behandelt werden,
sind durch Laborkontrolle mit dem weltweit standardisierten INR-Wert,
der die Stärke der Gerinnungshemmung angibt, exakt einzustellen. Nur
der INR-Wert – nicht der Quick-Wert! – ermöglicht eine zuverlässige
Kontrolle der Gerinnungshemmung, weil der Quick-Wert von Labor zu Labor
schwanken kann. Nur ein INR-Wert im „therapeutischen Zielbereich“
bietet optimalen Schutz vor Gerinnselbildung mit einer möglichst
geringen Blutungsgefahr. Patienten sollten deshalb darauf bestehen,
dass immer ihr INR-Wert angegeben wird. Sehr bewährt hat sich die
Selbstbestimmung der Gerinnungshemmung durch den Patienten. Sie erlaubt
es jederzeit, den INR-Wert festzustellen und auf Veränderungen zu
reagieren (z.B. Durchfall, Fieber). WANC 27.10.10, Quelle: Deutsche Herzstiftung
 
 
 
 
 
 
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