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Schlaganfall-Gehirn: Auslöser ist meist eine Durchblutungstörung im Kopf (Foto: DGN)
> Neurologen warnen vor Schlaganfall-Tsunami
Aktuelle Zahlen bestätigen, dass der
Hirninfarkt den Herzanfall als häufigste Gefäßerkrankung ablöst. Das
behauptet die Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Jährlich würden in
Deutschland rund 200.000 Menschen einen Schlaganfall erleiden – mit
steigender Tendenz. Eine internationale Studie zeige, dass der
„Schlaganfall-Tsunami“ bereits an Stärke gewinne, betont Prof. Martin
Grond, Neurologe.
Die Studie, auf die sich Grond bezieht, ist die REACH-Studie. In ihr
wurden auf Basis eines Patientenregisters mit rund 45000
Risikopatienten über einen Zeitraum von vier Jahren deutlich mehr
Schlaganfälle als Herzinfarkte festgestellt. Damit bestätige diese
Untersuchung einen Trend, der sich schon seit Jahren angedeutet hat. So zeigte die Studie nach einem Jahr Beobachtung eine MACE-Rate (Major
Adverse Cardiovascular Event), also das Auftreten eines schweren
kardiovaskulären Ereignisses, von 13%. Mit anderen Worten: Jeder achte
Patient mit Atherosklerose oder mehr als zwei kardiovaskulären
Risikofaktoren muss demnach innerhalb eines Jahres damit rechnen,
schwer zu erkranken. Von diesen Personen starben innerhalb von zwölf
Monaten 1,5% an einem kardiovaskulären Ereignis. Aber: 1,2% erlitten einen nichttödlichen Myokardinfarkt, doch weit mehr
- nämlich1,6% -einen nichttödlichen Schlaganfall „Die von uns
beobachtete Eventrate ist enorm hoch, wenn man bedenkt, dass wir es mit
Patienten zu tun haben, die in ambulanter Betreuung stehen, einen
stabilen Gesundheitszustand aufweisen und mit einer zeitgemäßen
Therapie behandelt werden,“ erklärte der für das Register
verantwortliche Dr. Gabriel Steg, Abteilung für Kardiologie, Hôpital
Bichat, Paris. Die Ereignisrate hänge dabei eng mit der Zahl der betroffenen
Gefäßregionen zusammen: Jene Personen, die an nur einer Stelle des
Körpers eine atherothrombotische Erkrankung (unter atherothrombotischer
Erkrankung versteht man die Krankheiten Schlaganfall, Myokardinfarkt
und periphere arterielle Verschlusskrankheit) aufwiesen, hatten eine
MACE-Rate von 13%, während das MACE-Risiko bei den Patienten mit der
Krankheit an drei verschiedenen Stellen auf 28% stieg. Noch eines zeigt die REACH-Studie: Wer einmal gefäßkrank war, muss
alles tun, um weitere Gefäßleiden zu verhindern.
Warnt Prof. Dr.
Joachim Röther, Chefarzt der Neurologie in der Asklepios Klinik
Altona:

Ein relativ niedriges Risiko habe, wer „nur“ klassische
Risikofaktoren aufweist, aber noch kein akutes Gefäßleiden hatte. Liege
ein Herzinfarkt, Schlaganfall oder sonstiger Gefäßverschluss länger als
ein Jahr zurück, hat der Patient ein mittleres, bei kürzer
zurückliegenden Ereignissen ein hohes Risiko. Höchstes Risiko bedeuten
mehrere Gefäßverschlüsse, also zum Beispiel ein Herzinfarkt und ein
Schlaganfall. Potenziert werde das Risiko außerdem bei Vorliegen eines
Diabetes mellitus. „Neue Medikamente könnten zwar dazu beitragen, das Schlaganfallrisiko
besonders gefährdeter Patienten zu senken, den größten Nutzen bringen
aber Änderungen der Lebensweise", erklärt Grond. So konnte erst
kürzlich mit der Interstroke-Studie gezeigt werden, dass fünf gut
beeinflussbare Risikofaktoren 80 Prozent des Schlaganfallrisikos
ausmachen: Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht, eine ungesunde
Ernährung und zu wenig Bewegung. „Das zeigt eindeutig, dass wir nicht auf den Schlaganfall warten
müssen, sondern selbst vieles tun können, um ihn abzuwenden", folgerte
Grond. Mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne wolle man diese
Botschaft eindrücklich in die Öffentlichkeit tragen. Plakat der Aufklärungskampagne Informationen zur REACH-Studie: Im Jahr 2003 gaben
Sanofi-Synthelabo/Aventis und Bristol-Myers Squibb den Start des
REACH-(Reduction of Athe-rothrombosis for Continued Health)-Registers
bekannt. Ziel: Man wollte feststellen, wie sich die Atherothrombose auf
die Betroffenen auswirkt und welche individuelle Belastung durch die
Erkrankung entsteht. Erklärtes Ziel des REACH-Registers war es,
Schlaganfall-, Herzinfarkt- und damit verbundene Risikofaktoren für
Atherothrombose zu erkennen und in den Griff zu bekommen. Insgesamt
wurden 68.000 Patienten in 44 Ländern erfasst. Damit stellt REACH die
größte und in geographischer Hinsicht umfassendste globale Erhebung von
Patienten mit einer Atherothrombosegefährdung dar. Über 5.000 Prüfärzte
sind an der Durchführung dieser Studie beteiligt. WANC 23.09.10, Quelle: DGN, Universimed
 
 
 
 
 
 
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