Bluthochdruck: Heimpatienten werden falsch behandelt

Pflegeheimbewohner mit erhöhtem
Blutdruck werden nicht so versorgt, wie es sinnvoll wäre. Zwar erhalten
sie Medikamente gegen die Hypertonie.  Doch nicht selten werden
ihnen jedoch ungünstige Mittel verschrieben, die sich für ältere
Menschen nicht oder nicht gut eignen. In manchen Fällen erhalten sie
sogar gefährliche Kombinationen.  
Lange Zeit war es umstritten, ob die Behandlung des Bluthochdrucks bei
hochbetagten Menschen noch sinnvoll ist, sagt Marita Kölzsch vom
Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie an der Berliner
Charité. Inzwischen gelte es aber als erwiesen, dass die Senkung des
Blutdrucks auch über 80-Jährige noch vor Schlaganfall und anderen
Herzkreislauferkrankungen schützen kann. Um zu prüfen, ob die
überwiegend hochbetagten Bewohner von Pflegeheimen ausreichend mit
Medikamenten versorgt werden, hat die Forscherin mit einem Team die
Verordnungen von über 8500 Versicherten einer Krankenkasse ausgewertet.
Ihr Ergebnis: Den meisten Bewohnern im Alter von 65 bis 106 Jahren, bei
denen eine Hochdruckerkrankung bekannt war, wurden Medikamente
verschrieben. Unter den durchschnittlich sechs Medikamenten, die die
Bewohner einnahmen, befanden sich häufig auch ein oder mehrere
sogenannte Antihypertensiva. Insgesamt 17 Prozent aller Medikamente
entfielen auf diese Medikamente gegen Bluthochdruck und stellten damit
den größten Anteil.   Bei einem Sechstel aller Bewohner wurden die Medikamente sogar
verordnet, ohne dafür ein nachvollziehbaren Grund ermittelt werden
konnte. Bedenklich sei auch, dass häufig Wirkstoffe verordnet wurden,
die für alte Menschen nur begrenzt geeignet sind. Dazu zählen
harntreibende Mittel, die sogenannten Diuretika. Bei Menschen mit einer
Herz- oder Nierenschwäche könne dies zwar sinnvoll sein, schreibt die
Forscherin. Die Diuretika helfen, die krankheitsbedingten
Wassereinlagerungen auszuschwemmen. Die Ärzte hatten den Patienten
möglicherweise aus diesem Grund starke Mittel aus der Gruppe der
Schleifendiuretika verordnet. Diese Wirkstoffe verursachen jedoch einen
starken Harndrang. Bei Pflegeheimbewohnern, die unter Inkontinenz
leiden oder in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind, erschwere dies
die Pflege.   Viele Hochdruckpatienten benötigen mehr als ein Antihypertensivum.
Nicht alle Kombinationen sind sinnvoll. Experten raten grundsätzlich
von der Verordnung zweier Mittel aus der gleichen Wirkstoffgruppe ab,
da sich mit der Wirkung auch die Nebenwirkungen verstärken. Solche
potenziell ungeeigneten Kombinationen ermittelte Kölzsch bei 5,2
Prozent der behandelten Pflegeheimbewohner.   Die Expertin plädiert dafür, dass alle an der Versorgung der
Pflegeheimbewohner Beteiligten enger zusammen arbeiten. Sie zählt dazu
neben den Ärzten auch Apotheker, die häufig Pflegeheime mit
Medikamenten direkt beliefern. Auch die Pflegenden sollten in die
Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern einbezogen werden.
Kölzsch rät zu Fallkonferenzen, in denen die Verordnungen einzelner
Bewohner gezielt und kritisch überprüft werden könnten.   WANC 13.12.2010, Quelle: M. Kölzsch et al.: Verordnung von
Antihypertensiva bei geriatrischen Pflegeheimbewohnern in Deutschland.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (48): S.
2400-2405 





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/herz_kreislauf/13_12_bluthochdruck.php
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