Schlaganfall: Strukturiert versorgt, besser versorgt

In den westlichen Industrienationen
stellt der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache sowie die
häufigste Ursache für bleibende körperliche und geistige Behinderungen
dar. In vielen Fällen ist er mit einem abrupten Übergang vom aktiven
Leben zu jahrelanger Pflegebedürftigkeit verbunden. Das Leid der
Betroffen ist schon deshalb groß, weil ihnen oft geholfen werden
könnte, aber nicht geholfen wird. Das ist so, stellt die Deutsche
Schlaganfall Hilfe empört fest, „weil zum einen präventive Maßnahmen
und wirksame Therapien häufig zu spät oder gar nicht eingesetzt werden
und zum anderen nachweislich unwirksame Behandlungsformen im
medizinischen Alltag weiter Anwendung finden“. Eine klar strukturierte
Versorgung von Schlaganfallpatienten verbessert deren Überlebenschancen
deutlich.
Eine optimale Schlaganfallversorgung muss drei Bedingungen erfüllen.
„Wichtig ist vor allem der schnelle Transport des Patienten in ein
spezielles Behandlungszentrum, eine sogenannte Stroke Unit. Die
Betreuung dort muss zudem durch ein Expertenteam erfolgen, das aus
spezialisierten Ärzten, Pflegekräften und verschiedenen Therapeuten
besteht“, fordert Prof. Dr. Otto Busse, Generalsekretär der Deutschen
Schlaganfall-Gesellschaft (DSG). Das dritte Merkmal einer guten
Patientenversorgung ist eine Ergo- oder Physiotherapie nach einem
Schlaganfall. Wie deutlich sich eine klar strukturierte Versorgung auf die
Überlebenschancen der Patienten auswirkt, zeigt eine aktuelle
Auswertung des kanadischen Schlaganfallregisters: Waren zwei der drei
der genannten Versorgungskriterien erfüllt, war das Sterberisiko um
zwei Drittel niedriger als bei Patienten, bei denen nur ein oder kein
Kriterium erfüllt war. „Auf fünf Patienten kommt einer, dem durch die
strukturierte Versorgung zusätzlich das Leben gerettet wurde”, erklärt
Prof. Dr. Martin Grond, Vorstandsmitglied der DSG. Besonders günstig waren die Ergebnisse bei Patienten, bei denen der
Schlaganfall durch ein Butgerinnsel im Herzen verursacht wurde. Bei
derartigen Schlaganfällen wurde sogar einem von vier Patienten
zusätzlich das Leben gerettet. Gerinnsel im Herzen können beim
Auftreten von bestimmten Herzrhythmusstörungen, vor allem dem
Vorhofflimmern, entstehen. Über den Blutstrom gelangen sie ins Hirn und
führen dort zu einem Schlaganfall. Selbst Patienten mit kleinen, sogenannten lakunären Schlaganfällen
hatten noch einen deutlichen Nutzen von einer klar strukturierten
Versorgung. Bei lakunären Schlaganfällen sind nur kleinere Seitenäste
der Hirnarterien durch ein Gerinnsel verstopft. Die derzeitige Situation ist aber eher bescheiden: Der
Sachverständigenrat der Bundesregierung hat in seinem Gutachten zur
Koordination und Qualität im Gesundheitswesen auf Fehl-, Unter- und
Überversorgung für den Schlaganfall hingewiesen. Diese
Qualitätsdefizite führt der Rat in weiten Teilen auf das Fehlen einer
koordinierten Zusammenarbeit zwischen den vielfältigen
Leistungserbringern und die sektorale Trennung zurück. Mittlerweile existieren zwar verschiedene Modelle in Deutschland, die
eine integrierte Versorgung etablieren wollen. Doch es gibt genügend
Experten, die immer noch in weiten Bereichen der Versorgung große
Defizite erkennen. Beispielsweise: Die Deutsche Schlanganfall Hilfe
betont in ihren Aufklärungsmaterialien: „Jeder Schlaganfall ist ein
Notfall! Der Zeitdruck nach Symptombeginn ist größer als beim
Herzinfarkt, da nur innerhalb der ersten drei (bis höchsten sechs)
Stunden realistisch Hirnsubstanz gerettet und damit der Grad der
Behinderung eingeschränkt werden kann. Die Outcomeverbesserungen bei
der Lyse sind stark zeitabhängig.“ Betroffene erleben es im Krankenhaus
aber ganz anders: Da werden sie oft stundenlang warten gelassen.
Manchmal erfolgt noch nicht einmal eine eingehende Untersuchung,
sondern Patienten werden, weil Symptome ja vielfach flüchtig sind,
„nach Blickkontakt“ einfach wieder nach Hause geschickt. Foto: Schlaganfall Hilfe Zahlen zum Schlaganfall: Alle 3 Minuten ereignet sich ein neuer
Schlaganfall, alle 9 Minuten stirbt ein Betroffener. In Deutschland
erleiden ca. 200.000 Menschen jährlich einen Schlaganfall. Der
Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und
weltweit die Ursache Nr. 1 für lebenslange Behinderung. 80% aller
Schlaganfälle ereignen sich bei den über 60-Jährigen. Bis zum Jahr 2050
wird der Anteil der über 60-jährigen in Deutschland von derzeit 24% auf
rund 38% ansteigen. Die jährlichen Schlaganfall-Neuerkrankungen
verdoppeln sich von heute ca. 150.000 nahezu auf rund 290.000. Studien
belegen, dass bis zum Jahr 2025 sich insgesamt 3.430.000 Schlaganfälle
ereignen werden. WANC 05.10.10, Quelle: Quelle:
Smith EE, Hassan KA, Fang J, Selchen D,
Kapral MK, Saposnik G; Registry of the Canadian Stroke Network (RCSN);
Stroke Outcome Research Canada (SORCan) Working Group. Do all ischemic
stroke subtypes benefit from organized inpatient stroke care?
Neurology. 2010 Aug 3;75(5):456-62. Epub 2010 Jun 30; Stiftung Deutsche
Schlaganfall Hilfe





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/herz_kreislauf/05_10_schlaganfall.php
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