Akupunktur: Wirklich wirksam?

Verschiedene Studien belegen die Wirksamkeit der Akupunktur. Doch jetzt äußern Experten für alternative Heilmethoden Zweifel. Sie vermuten, dass die Heilung durch den intensiven Arzt-Patientenkontakt sowie die positive Einstellung zur Behandlung zustande kommt.


In Deutschland wurden in den letzten Jahren zwei größere Studien zur Akupunktur durchgeführt. Ihre Ergebnisse wurden in weiten Teilen der Öffentlichkeit als Beweis für die Wirksamkeit dieser traditionellen chinesischen Medizin (TCM) bewertet. In der DMW Deutschen Medizinischen Wochenschrift kommen mehrere Experten für Komplementärmedizin dagegen zu einer deutlich zurückhaltenderen Einschätzung.


Sie sehen in „unspezifischen" Effekten der Nadelstiche, aber auch in den psychologischen Wirkungen des besonders intensiven Arzt-Patienten-Kontaktes bei der Akupunktur mögliche Ursachen für die Studienergebnisse. Auch die Tatsache, dass die Therapie gerade „in" ist, könne eine Rolle spielen, hält Dr. Marcus Bäcker vom Lehrstuhl für Naturheilkunde an der Universität Duisburg-Essen fest.


Die Diskussion dreht sich um den „Acupuncture randomised trial" (ART) und die „German Acupunture Trials (GERAC)". An ihnen wurde die Wirkung der „Punktnadelung" auf häufige Erkrankungen wie Rückenschmerzen (Lumbalgie), Migräne, Spannungskopfschmerz und den schmerzhaften Verschleiß im Kniegelenk (Gonarthrose) untersucht. Bäcker äußert Verständnis für die Bevölkerung, die in Deutschland nach einer Umfrage von Allensbach zu 61 Prozent eine kombinierte Behandlung von TCM und Schulmedizin befürwortet und nicht weiter nach den Hintergründen der Wirkung fragt. Gleichwohl sei die Wirkungsweise der Akupunktur aber nach wie vor ungeklärt, so Bäcker.


Der Uni-Wissenschaftler hält es für denkbar, dass die „Punktnadelung" auch dann die Schmerzen lindern könnte, wenn die von der TCM vorgegebenen Punkte nicht exakt getroffen werden. Möglicherweise sei die Akupunktur auch dann wirksam, wenn sie von Ärzten durchgeführt werde, die nicht in der TCM ausgebildet sind. Bäcker hält es für denkbar, dass die Akupunkturwirkung durch eine Kombination aus körperlichen Reizungen durch die Nadelstiche und einer psychologischen Erwartungshaltung der Patienten zustande kommt. Auch eine spontane Besserung könnte in vielen Fällen eine Rolle spielen.


Bestätigt sieht sich Bäcker durch die gute Wirkung einer Schein-Akupunktur. In ART und GERAC wurden die Nadeln bei einigen Patienten an „falschen", das heißt nicht von der TCM vorgesehenen Stellen eingestochen. Die Wirkung war häufig die gleiche wie bei der „echten“ Akupunktur.


Auch für Professor Edzard Ernst von der Universität Exeter in England sind die Ergebnisse der deutschen Studien keine Überraschung. Der international renommierte Experte für Alternativmedizin vermutet, dass die „soziale Erwünschtheit" eine Rolle bei der Wirkung spielt. Mit anderen Worten: Die Therapie ist erfolgreich, weil sie gerade „in" ist. Sie liegt seiner Einschätzung nach „sehr nahe bei Null". Der Akupunktur-Kritiker Ernst hebt außerdem hervor, dass die zeitintensive Therapie nicht gerade billig ist. Außerdem könne es zu ernsten Zwischenfällen komme, etwa wenn eine Nadel bis in die Lunge gestochen wird. Diese Komplikation sei vielleicht häufiger als bisher angenommen.


WANC 31.03.06





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/31_03_akupunktur.php
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