Mann mit Kopfschmerz
Migräne: Wer die Anzahl der Attacken verringern möchte, kann aus einer Vielzahl von Therapien wählen
> Migräne: Wann alternative Therapien helfen

Nicht nur Menschen mit Migräne
greifen gerne zu alternativen Heilmethoden. Doch die Wirksamkeit der
meisten Kräuter oder Heilverfahren ist oft gar nicht untersucht.
Viele sind in Studien sogar gescheitert.


Neurologen unterscheiden zwischen der
Behandlung der akuten Kopfschmerzen und vorbeugenden Maßnahmen
(Prophylaxe). Sie sollen die Zahl der Kopfschmerzattacken verringern.
In der Akutbehandlung gibt es kaum eine Alternative zu den
sogenannten Triptanen (benannt nach der Endung -triptan der
Wirkstoffe), meint Privatdozent Uwe Reuter von der Berliner Charité.
Er bezeichnet sie als hochwirksame und nebenwirkungsarme Mittel und
rät zu einer frühzeitigen Einnahme, solange der Kopfschmerz
noch von leichter Intensität ist. Während der "Aura",
die viele Patienten vor dem Schmerz empfinden, sollte man sie jedoch
noch nicht einnehmen. Studien hätten gezeigt, dass die Triptane
dann oft nicht wirken.



Ab drei Attacken im Monat empfehlen
Mediziner eine Migräneprophylaxe. Und hier haben neben den
schulmedizinischen Medikamenten (zum Beispiel Betablocker) auch
psychotherapeutische Verfahren einen Stellenwert, schreibt Professor
Stefan Evers, Schmerzexperte an der Universität Münster:
Die Wirksamkeit von Biofeedback, Entspannungsverfahren nach Jacobson
und der kognitiven Verhaltenstherapie sei nachgewiesen. Weiterer
Vorteil: Sie könnten mit der medikamentösen Therapie
kombiniert werden und diese verstärken. Eine gute vorbeugende
Wirkung haben laut Professor Eves auch Ausdauersportarten, wie
Schwimmen, Joggen oder Fahrradfahren.



Die Wirkung der allermeisten Kräuter
und Essenzen sei niemals in hochwertigen klinischen Studien getestet
worden. Zu den wenigen Mitteln mit nachgewiesener Wirkung zählt
Evers Mutterkraut (Tanacetum parthenium), allerdings in einer
Zusammensetzung, die in Deutschland nicht erhältlich ist. Auch
Pestwurz (Petasites hybridus) war in zwei Studien wirksam.



Unter den nicht-pflanzlichen Stoffen
waren Magnesium und Coenzym Q in je einer Studie wirksam, schreibt
Evers. Bei Magnesium habe es aber auch eine Negativstudie gegeben:
Das Mineral konnte dort die Zahl der Migräneanfälle nicht
senken.



Zur Homöopathie gab es gleich
mehrere Negativstudien. Für Evers steht damit fest: Nicht
wirksam. Die Akupunktur war dagegen gleich in drei Studien effektiv,
allerdings auch dann, wenn sie nicht nach den Regeln der
traditionellen chinesischen Medizin durchgeführt wird. Die
intensive Betreuung während der Nadelung, aber nicht die
Nadelstiche selbst könnten den Erfolg erklären, meint
Evers.



Eine ungewöhnliche Behandlungsidee
besteht im Verschluss eines persistierenden Foramen ovale, einer
Verbindung zwischen den beiden Herzvorhöfen, die sich nicht bei
allen Menschen nach der Geburt verschließt. Evers: Über
die Verbindung könnten kleine Blutgerinnsel ins Gehirn gelangen
und eine Migräne auslösen. Bewiesen ist dies jedoch ebenso
wenig wie die Versuche, den Migräneanfällen durch die
Durchtrennung eines Muskels an der Nasenwurzel oder eine Stimulierung
des Gehirns mit starken Magnetfeldern vorzubeugen.



Anmerkung: Die Ablehnung alternativer
oder homöopathischer Behandlungsalternativen ist unter Ärzten
mit schulmedizinischer Ausrichtung weit verbreitet. Dabei wird auch
immer wieder der fehlende Nachweis der Wirkung in klinischen Studien
bemängelt. Denjenigen, denen alternative Medizin oder
Homöopathie hilft – und davon gibt es eine Menge – dürfte
das ziemlich egal sein. Kritiker der Schulmedizin dagegen sagen, dass
es mit der Qualität der Studien für schulmedizinische
Anwendungen oft auch nicht so weit her sei und dass Schulmediziner
die Heilwirkung anderer Richtungen einfach nicht anerkennen wollten.
Letztlich bleibt es jedem selbst überlassen, ob und welche
Therapie er für sich in Anspruch nehmen will.



WANC 29.10.07 Quellen: J. Hoffmann, U.
Reuter: Aktuelle Therapie der Migräne. DMW Deutsche
Medizinische Wochenschrift 2007; 132 (41): S. 2153-2158; S. Evers:
Sinn und Unsinn naturheilkundlicher und nicht-medikamentöser
Therapieverfahren bei Migräne. DMW Deutsche Medizinische
Wochenschrift 2007; 132 (41): S. 2163-2166

 
 
 
 
 
 
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