Augen: Spiegel des Körpers

Die
Augen werden oft als der Spiegel der Seele bezeichnet. Doch sie sind
weit mehr - nämlich auch ein Spiegel des Körpers und seiner Gesundheit.
Ein Blick in die Augen kann vieles über Allgemeinerkrankungen verraten.




Die Faszination für das Auge geht
seit jeher über den bloßen Gesichtssinn hinaus. So ist etwa vom
„Spiegel der Seele“ die Rede. Dabei ist das Auge auch als Spiegel des
Körpers hochinteressant: Bei vielen Allgemeinerkrankungen sind auch die
Augen betroffen, etwa bei Diabetes mellitus. Sogar das Sehvermögen
kann gefährdet sein. Dem Augenarzt offenbart sich Einiges über den
Gesundheitszustand von Patienten etwa mit Diabetes, Bluthochdruck,
Schilddrüsen- oder entzündlichen Erkrankungen.




In Deutschland bekommen jährlich etwa
10.000 Menschen eine Uveitis, eine akut oder schleichend verlaufende
Entzündung der mittleren Augenhaut, zu der Iris, Strahlenkörper und
Aderhaut gehören. Bei etwa einem Drittel liegen chronisch-entzündliche
Erkrankungen, wie Morbus Bechterew, Sarkoidose, Morbus Crohn,
Infektionen oder Multiple Sklerose zu Grunde, so Dr. Tobias Hudde von
der Universitätsaugenklinik in Essen. Mögliche Symptome sind Schmerzen,
Augenrötung oder Sehverschlechterung. Behandelt werden die Betroffenen
je nach Ausdehnung, Schwere und Ursache lokal oder systemisch mit
Cortison, Immunsuppressiva oder Antibiotika.




Ebenfalls zu einer Entzündung,
allerdings in der Augenhöhle, kommt es bei der Endokrinen Orbitopathie,
einer meist beidseitigen Autoimmunkrankheit der Augenmuskeln und des
orbitalen Bindegewebes. Von dieser Krankheit sind nach Angaben von
Huddes Kollegin Dr. Anja Eckstein etwa die Hälfte der Patienten mit
Morbus Basedow betroffen. Hierbei handelt es sich um eine Überfunktion
der Schilddrüse, die oft mit einem Hervortreten der Augäpfel
einhergeht. Ursache ist eine Fettgewebsvermehrung hinter den Augen und
ein Anschwellen der Augenmuskeln, was zu schmerzhaften Augenbewegungen
führen und auf den Sehnerven drücken kann. Künstliche Tränen schützen
die Hornhaut, die infolge eines seltenen Lidschlags mitunter nicht mehr
richtig befeuchtet wird. Gegen Entzündung und Gewebsvermehrung in der
Augenhöhle braucht man oft stärkere Geschütze: Cortison, Bestrahlung
oder Operationen. Wichtig ist auch die internistische Behandlung bei
Schilddrüsenerkrankungen. So bessert sich nach Angaben von Eckstein
eine leichte bis mittelschwere Endokrine Orbitopathie bei etwa 64
Prozent der Patienten von allein, wenn die Schilddrüsenwerte sich
normalisieren.


Auch ein gestörter
Zuckerstoffwechsel, wirkt sich auf die Augen
aus. Diabetiker zum Beispiel erkranken häufig am grauen Star. Ernsthaft
bedroht ist ihr Augenlicht durch die diabetische Retinopathie, bei der
die Netzhautgefäße Schaden nehmen. Flüssigkeit kann austreten, oder es
bilden sich zur Kompensation der schlechten Durchblutung neue Gefäße.
Sie platzen leicht. Dann blutet es in die Netzhaut, und die Patienten
können plötzlich erblinden. Ungefähr jeden dritten Typ-2-Diabetiker
erwartet eine Retinopathie. Hierbei handelt es sich um eine Verengung
der kleinen arteriellen Gefäße des Augenhintergrunds. Bei Typ-1 haben
nach zehn Jahren etwa 20 Prozent Netzhautveränderungen, nach 20 fast 98
Prozent. Zuckerkranke sollten sich mindestens einmal im Jahr den
Augenhintergrund spiegeln lassen. Ist es bereits zu Gefäßneubildungen
gekommen, kann versucht werden, diese durch Lasern zu veröden. Außer
dem Blutzucker sollte man auch andere Risikofaktoren für
Gefäßerkrankungen, etwa Rauchen, hohes Cholesterin und vor allem einen
Bluthochdruck gut kontrollieren.




Das gilt auch für den grünen Star,
das Glaukom, an dem in Deutschland etwa eine Million Menschen leiden
und 50.000 erblindet sind. „Bei einer Erkrankung, bei der eine Therapie
möglich ist, ist das ein Drama“, so Dr. Stephan Kremmer, ebenfalls von
der Essener Augenklinik. Heimtückischerweise wird ein Glaukom oft lange
nicht bemerkt: „Gesichtsfeldausfälle sind leider Spätzeichen.“ Denn
bevor es dazu kommt, sind meistens bereits 20 bis 50 Prozent der
Nervenfasern geschädigt.




Die glaukomtypische Zerstörung von
Sehnervenfasern findet sich nicht nur bei Patienten mit hohem
Augeninnendruck. Mindestens ein Drittel haben normale Werte unter 21
mmHg. Daher geht man nach heutigem Verständnis von einem
Ungleichgewicht zwischen Augeninnendruck und Netzhautdurchblutung,
einem Missverhältnis schädigender und nährender Faktoren aus, wie
Kremmer erläutert. Bei schlechter Durchblutung kann dann schon ein
normaler Augeninnendruck zuviel sein. Das kann passieren, wenn die
Gefäße bei chronischem Bluthochdruck starr geworden sind und sich bei
erhöhtem Sauerstoffbedarf nicht mehr angemessen erweitern können. Oder
bei sehr niedrigen Blutdrücken. Die meisten Wissenschaftler sind sich
einig, dass diastolische Werte unter 50 mmHg das Risiko für einen
Glaukomschaden mindestens verdoppeln, so Kremmer. „Werte unter 35
führen praktisch immer zu einer Schädigung.“ Niedrige Werte treten oft
nachts auf und werden erfasst, wenn man den Druck über 24 Stunden
misst. Ein chronischer Bluthochdruck muss vorsichtig gesenkt werden.
Sonst kann das, was den Hausarzt freut, dem Augenarzt ein großes
Ärgernis sein. Beide müssen eng zusammenarbeiten.




WANC 04.11.04/MEDICA






Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/04_11_augendiagnose.php
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