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Mehr Frust als Lust im Bett? Viagra für Frauen soll den Sexualtrieb steigern (Foto: Stock photo)
> Viagra für Frauen: Im Test

Als Erektionswunder wurde es gefeiert
– und manchmal missbraucht. Für viele Männer, die unter Impotenz
leiden, war und ist es aber ein Segen: Viagra. Jetzt wird ein Mittel
getestet, das den Sexualtrieb von Frauen steigern soll. Ob das Mittel
ein Heilsbringer wird, bleibt aber abzuwarten. Auch bei Viagra kam nach
der Euphorie die Desillusion: die mitunter erheblichen Nebenwirkungen
der blauen Pille.
Der in Viagra enthaltene Wirkstoff Sildenafil sollte eigentlich zur
Behandlung der koronaren Herzkrankheit eingesetzt werden. Doch dann kam
alles ganz anders. Bei den Tests stellte sich heraus, dass das Mittel
den Bluthochdruck nicht senkt sondern das Gegenteil bewirkt. Und ganz
nebenbei stellte man fest, dass es Erektionsstörungen beim Mann beheben
kann. Einen ähnlichen Weg hat der Wirkstoff Flibanserin hinter sich. Er
sollte als Antidepressivum Menschen mit Depressionen helfen. Mit wenig
Erfolg. „Flibanserin war ein schlechtes Antidepressivum,“ eröffnet John
M. Thorp Jr., M.D., Gynäkologe an der University of North Carolina at
Chapel Hill School of Medicine. Doch dann beobachteten die Wissenschaftler, „dass es die Libido bei
Tieren und Menschen erhöhte“. Darauf hin wurden gesonderte klinische
Studien mit dem Mittel zur Behandlung von Libidostörungen (hypoactive
sexual desire disorder, HSSD) durchgeführt. Insgesamt wurden 1.946
Frauen im Alter von 18 Jahren und älter untersucht, die den Wirkstoff
24 Wochen einnahmen. Die Ergebnisse dokumentieren einen Anstieg der sexuell befriedigenden
Erlebnisse (satisfying sexual events, SSE) von 2,8 auf 4,5 pro Monat.

Das Deutsche Ärzteblatt erinnert aber daran, dass auch Placebo – also
eine Pille ohne Wirkstoff - die Zahl der SSE von 2,7 auf 3,7 steigerte.
Dennoch berichten die Wissenschaftler von „signifikanten
Verbesserungen“. So habe sich das sexuelle Verlangen unter
der täglichen (abendlichen) Einnahme gesteigert. „Im Grunde ist es ein Viagra-ähnliches Medikament für Frauen,“ sagt
Thorp. Mangelndes sexuelles Verlangen und eine gestörte Libido ist ein
Krankheitsbild, dass in den USA zwischen 9 und 26 Prozent der Frauen
betrifft – abhängig vom Alter und dem postmenopausalen Status. In Deutschland wird das Problem weitgehend tabuisiert, moniert
beispielswesie Dr. med. Jens-Uwe Stolzenburg, Oberarzt an der Klinik
und Poliklinik für Urologie des Universitätsklinikums Leipzig. In einer
Befragung zu Sexualproblemen wie gestörte Libido, Orgasmusstörungen,
Vaginismus (Verkrampfen der Scheide beim Geschlechtsverkehr) oder
Dyspareunie (Schmerzen bei sexuellem Kontakt) gaben 25% der befragten
Studentinnen (Durchschnittalter: 24 J.) an, aversive Reaktionen auf die
sexuelle Annäherung eines Partners zu kennen. 14,7% der Frauen bewerten
die eigene Orgasmushäufigkeit als viel zu selten. Fast die Hälfte der
Studentinnen gab zu, schon Erfahrungen mit sexuell bedingten Schmerzen
gemacht zu haben. Ob sich das Viagra für Frauen aber durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Eine entscheidende Rolle dürfte dabei die Verträglichkeit des
Wirkstoffs spielen. Auch bei dem Original-Viagra folgte auf den Jubel
die Ernüchterung. Der Wirkstoff gegen erektile Dysfunktion – so der
medizinische Fachausdruck – hat für einige Herz-Todesfälle gesorgt.
Weitere häufigere Nebenwirkungen sind Herz-Kreislauf-Probleme,
Gesichtsrötungen, Kopfschmerzen sowie Sehstörungen. Die Teilnehmerinnen an den Studien zu Flibanserin bericheteten über
Nebenwirkungen wie Schwindelgefühle, Übelkeit, Abgeschlagenheit,
Schläfrigkeit oder Schlafstörungen. Das führte dazu, dass 14 Prozent
der Frauen die Therapie abbrachen. Vielleicht auch deshalb setzt die
Pressemitteilung der Universität von North Carolina versieht die
Pressemitteilung hinter das “Viagra für Frauen” ein Fragezeichen. WANC 18.11.09/ Quelle: UNC Health Care, Deutsches Ärzteblatt, Boehringer Ingelheim
 
 
 
 
 
 
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