> Harninkontinenz: Neue Diagnostik ermöglicht verbesserte Behandlung

Etwa 4 Mill. Frauen leiden in Deutschland an einer Harninkontinenz, einem ungewollten Wasserlassen. Nur jede zweite Frau unterzieht sich allerdings derzeit einer ärztlichen Behandlung.  Und erst vor kurzem wurde durch den Einsatz der Sonographie die Möglichkeiten der exakten Krankheitserkennung geschaffen.

Mediziner der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe haben die Ultraschall-Diagnostik (Sonographie) zu einer wirksamen Methode für die Diagnostik der Harninkontinenz ausgearbeitet. Der Schallkopf des Ultraschall-Geräts wird bei dieser Methode nicht auf dem Bauch, sondern aussen auf den Scheideneingang aufgesetzt. Dadurch können die Ärztinnen und Ärzte Harnröhre, Blase und den Beckenbodenmuskel darstellen. Neben Veränderungen der Harnröhren- und Harnblasenwand können durch dynamische Untersuchungen - die Patientinnen werden während der Untersuchung zum Pressen bzw. Zusammenkneifen des Beckenbodenmuskels aufgefordert - Ursachen der Harninkontinenz objektiviert werden.


Durch die Ultraschall-Untersuchung kann dann die Erkrankung in eine Beckenbodenmuskelschwäche bzw. in eine Bindegewebeschwäche untergliedert werden: Bei der Beckenbodenmuskelschwäche können Harnblase und -röhre nicht bewusst angezogen werden; bei der Bindegewebeschwäche senken sich beim Pressen Harnblase und -röhre bis weit unter den Schambeinknochen.


Die Beckenbodenschwäche erfordert ein entsprechendes Training der Beckenboden-Muskulatur. Hierzu gehört je nach Reaktionsfähigkeit des Beckenbodens auch eine Schulung und Konditionierung des "Beckenboden-Bewusstseins". In vielen Fällen hat ein solches Training bei regelmäßigem Engagement der Frauen sehr gute Erfolge. Die Sonographie hilft hier nicht nur bei der Therapieentscheidung, sondern dient auch als Therapieüberprüfung zur Beurteilung des Erfolges, da die Patientin am Bildschirm mitverfolgen kann, ob eine gezielte Beckenbodenkontraktion ausgelöst werden kann.


Steht die Bindegewebsschwäche für die Entstehung der Harninkontinenz im Vordergrund, wird eine Operation geplant. Im Rahmen der Operationsplanung müssen die Bindegewebsdefekte genau lokalisiert werden. Denn dies hat entscheidenden Einfluss auf die Wahl der Operationstechnik, wodurch das Operationsergebnis verbessert und die Komplikationsrate gesenkt werden können:



  • Ist das Bindegewebe unterhalb der Harnröhre geschwächt (zentraler Defekt), ist die Einlage eines Kunststoffbändchens (z.B. TVT-Plastik) geeignet, was minimal invasiv in Lokalanästhesie durchgeführt wird. Nach der Operation wird kein Katheter benötigt.
  • Hat sich das seitliche Scheidenbindegewebe vom Beckenbodenmuskel gelöst (lateraler Fasziendefekt), wird durch einen kleinen Schnitt oberhalb der Symphyse (des Schambeinhöckers) das Scheidenbindegewebe mittels Kunststofffäden zum Schambein hin stabilisiert (Kolposuspension). Nach der Operation wird nur der Katheter nur für ein Tag benötigt.
  • Ist weder seitlich noch zentral ein Bindegewebsdefekt erkennbar - meist nach mehrfachen Voroperationen-, sind Harnröhrenunterspritzungen mit einem Medikament geeignet, um eine Besserung der Inkontinenzsituation zu erreichen. Dies erfolgt ebenfalls in Lokalanästhesie und erfordert postoperativ keinen Katheter zur Harnableitung.

In der Kontrolle des Heilungsverlaufs nach der Operation hat sich die Sonographie gleichermaßen bewährt, um Ursachen bei fortbestehenden Beschwerden bzw. bei Komplikationen objektiv herauszufinden und gezielt zu beseitigen.


WANC 12.07.04

 
 
 
 
 
 
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