Dehnen nach dem Sport vermindet die Gefahr eines Krampfes  (Foto: TK-Pressefoto 8512000191)
Dehnen nach dem Sport vermindet die Gefahr eines Krampfes (Foto: TK-Pressefoto 8512000191)
> Muskelkrämpfe: Keine Hilfe von Magnesium

Wer mehr Sport treibt oder lange am Schreibtisch sitzt, den überraschen manchmal nachts schmerzhafte Muskelkrämpfe. Meist wird den Betroffenen das etablierteste aller Mittel gegen Wadenkrämpfe empfohlen: Magnesium. Doch die Wirkung des so hochgelobten Mineralstoffes lässt sich nicht beweisen.


„Körperliche Anstrengung ist ein bekannter Krampf-Auslöser“, warnt der Physiotherapeut André Wolter, Seevetal-Hittfeld. Manche Menschen würden aber auch bei langem Sitzen oder mitten in der Nacht von Krämpfen überrascht. Dabei sind meist die Wade von Muskelkrämpfen betroffen, manchmal aber auch die vordere und hintere Oberschenkelmuskulatur. 


Und was tun, wenn ein Muskel gar nicht mehr lockerlassen möchte? Wolter empfiehlt dehnen, um den Krampf „herauszuziehen“: „In der Regel hilft das auch tatsächlich.“ Der Krampf lasse rasch nach, bis er dann ganz verschwinde. Dehnen hilft aber nicht nur bei akutem Schmerz, es kann auch Problemen vorbeugen. Beispielsweise wenn man die Wadenmuskulatur in eine Schrittstellung bringe, bei der das hintere Bein gestreckt und das vordere Bein gebeugt werde. Die Ferse des hinteren Beins bleibe dabei auf dem Boden.


Das wirkt tatsächlich, betont Wolter. Im Rahmen der Studie hätten die Prüflinge ihre Waden- und Oberschenkelmuskulatur vorbeugend gedehnt. Das ließ die Anzahl der Krämpfe sinken. Dabei genügte es, die Waden- und Oberschenkelmuskulatur vor dem Schlafen jeweils dreimal für zehn Sekunden zu dehnen.


Der weit verbreiteten Annahme, dass Magnesium Krämpfen vorbeugen könne, widerspricht Wolter. Ja, ein Magnesiummangel könne die Muskelspannung negativ beeinflussen und und ja,  in diesen Fällen könne die Einnahme eine Entspannung bewirken. Dass das aber Krämpfe lindern solle, das verneint der Mediziner: „Bisher konnte keine Studie einen positiven Effekt von Magnesium nachweisen.“ 


Der Grund: Die Ursache des Krampfes ist nicht im Muskel selbst zu finden, sondern in der sogenannte Alpha-Motoneuronen-Aktivität. Bei einem Krampf senden Nervenzellen nicht mehr nur elektrische Impulse, wenn das Gehirn den Befehl dazu gibt. Vielmehr geben sie unkontrolliert Signale an den Muskel weiter, sich ständig zusammen zu ziehen und das so lange, bis dieser schließlich verkrampft. 


Spurenelemente bergen im übrigen Gefahren: man kann sie überdosieren. Folgen können  Müdigkeit und Blutdruckabfall sein. Mehr Erfolg dürfte die Einnahme von Chinin bringen, weil es die Anzahl, Dauer und Intensität von Krämpfen nachweislich senkt. Eine Überdosierung ist hierbei jedoch gleich lebensbedrohlich. Schwindel, aber auch Nervenschädigungen oder eine Lähmung des Herzmuskels können auftreten. Chinin muss in Deutschland seit fast zwei Jahren vom Arzt verschrieben werden und wird nur zurückhaltend verordnet. Chinin in der Limonade „Bitter Lemon“ ist in der Regel zu niedrig dosiert, um etwas zu bewirken.


Wolter empfiehlt etwas eher Ungewöhnliches: Gurkenwasser. Die essighaltige Flüssigkeit, in der Gewürzgurken eingelegt sind, verkürze einer amerikanischen Studie zufolge die Krampfdauer bei Betroffenen um fast die Hälfte. Getrunken werden soll bei akuten, durch Sport ausgelösten Krämpfen ein Milliliter Gurkenwasser pro Kilogramm Körpergewicht. Das  löse sich den Krampf durchschnittlich nach 85 Sekunden. Wolter ist sich aber nicht sicher, ob die Dosierung die entscheidende Rolle spielt: „Die Zeit ist viel zu kurz, als dass das Gurkenwasser den Magen passieren und vom Körper aufgenommen werden könnte.“ Womöglich sei es einfach der saure Geschmack im Rachen, der die Aktivität der impulsgebenden Nervenzellen drossele und auf diese Weise den Krampf löse.


cs 31.1.2017/ Quelle: physiopraxis 2017

 
 
 
 
 
 
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