> Zuviel kann auch beim Sport zu viel sein

Eigentlich ist es ja so: Treiben wir Sport und belasten dadurch unser Herz, dann gilt das als gesund. Eine ständige Belastung durch Bluthochdruck stellt dagegen eine Gesundheitsgefahr da. Verwirrend? Den Unterschied zwischen gesund und ungesund machen die Pausen, das haben Forscher des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) heraus gefunden. Das bedeutet aber auch: Eine zu hohe körperliche Belastung durch Sport kann ebenfalls ungesund sein.

Bei ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftler etwas Neues entdeckt. Nämlich einen sogenannten „epigenetischen Schalter“ namens histone deacetylase 4 (HDAC4). Die Epigenetik erforscht, wie Umwelteinflüsse Gene regulieren. Dieser Schalter regelt sich je nach Belastung herauf oder herunter, um das Herz zu schützen. Jedenfalls funktioniert das in gesunden Mäuseherzen, an denen die Untersuchungen durchgeführt wurden - aber wahrscheinlich genauso auch beim Menschen. Nach körperlicher, sportlicher Belastung kommt HDAC4 vermehrt vor. Bei einer dauerhaft erhöhten Belastung, bildete sich dieses  jedoch nicht.

Wenn sich HDAC4 aber nicht bilden kann, dann haben körperliche Belastung und Sport keine gesunde Wirkung mehr. Stattdessen entwickelte sie nach intensiven Training eine temporäre Herzschwäche, die zu einer deutlich verminderten Leistungsfähigkeit führte. Diese Herzschwäche bildete sich allerdings wieder zurück.  „Wir fanden eine  vorübergehende Herzerschöpfung, auch ‚cardiac fatigue‘ genannt“, sagt Prof. Johannes Backs vom Universitätsklinikum Heidelberg. Das Syndrom könne man beim Menschen aber nur erkennen, wenn man die Herzfunktion während des Sports oder in den ersten Minuten danach untersuche.

Sportwissenschaftler sind also überzeugt, dass HDAC4 das Herz vor Schäden durch temporäre physiologische Belastungen schützen kann. Warum funktioniert das aber nicht auch bei Belastungen durch Bluthochdruck oder anderen krankmachenden Stress? „Der entscheidende Unterschied sind die Pausen“, erklärt Backs. Bei Sport gebe es in der Regel immer wieder Ruhephasen für das Herz. Ein Enzym namens Proteinkinase A erhole sich in diesen Phasen und sorge dann dafür, dass die Aktivierung des HDAC4 erfolge.

Bei Dauerbelastung durch starken Bluthochdruck folgen die Signale in den Herzellen hingegen einem krankmachenden Weg:  Die Aktivität der Proteinkinase A lässt durch die Dauerbelastung irgendwann deutlich nach und HDAC4 verschwindet. Der Stoffwechsel der Herzmuskelzellen verwendet dann mehr Zucker als Fett für die Energieproduktion.

Aber nicht die veränderte Energieproduktion mache das Herz krank. Verantwortlich dafür sei, dass Zuckerreste auch an Proteine angehängt würden. Einige dieser durch Zucker veränderten Proteine würden schließlich den Kalzium-Stoffwechsel und dadurch die Kontraktilität des Herzmuskels hemmen. Es komme zur Pumpschwäche. Das erkläre auch, warum extremer Ausdauersport ohne Ruhepausen das Herz schädigen könne. „Wir wissen intuitiv alle, dass Pausen wichtig sind“, betont Backs. Lang andauernder Stress am Herzen könne zu Veränderungen von Signalwegen und zu einer Schwächung des Herzens führen.

18.12.2017 cs/ Nature Medicine

 
 
 
 
 
 
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