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Zecke: Bis zu 30% mit Borrelien infiziert (Foto: obs/Merial GmbH)
> Zecken: Ein kleiner Stich kann schon reichen
Die Warnung vor Zecken ist inzwischen
flächendeckend: Vor den Überträgern von zwei ernsthaften Erkrankungen
warnen Minister, Ärzte, Apotheker und Fachgesellschaften. Gegen eine
der Erkrankung – der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) – kann man
sich mit einer Impfung schützen. Gegen die andere – Lyme Borreliose,
die weit häufiger vorkommt, aber anscheinend unterschätzt wird – gibt
es keine Vorbeugung. Aber eine Behandlung.
Thüringens-Gesundheitsministerin Christine Lieberknecht (CDU) hat vor
der Gefahr durch Zeckenbisse gewarnt und zu Impfungen aufgerufen. Seit
rund 20 Jahren sei in ganz Mitteleuropa eine kontinuierliche Zunahme
von Zecken übertragener Krankheiten zu beobachten, sagte Lieberknecht.
Wer in einem Risikogebiet für Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME)
wohne, dort Urlaub plane oder sich häufig in der Natur aufhalte, sollte
sich rechtzeitig impfen lassen. Gegen FSME ist eine Impfung möglich, nicht aber gegen Borreliose.
Während die Borreliose praktisch überall vorkommt, wo es Zecken gibt,
tritt die FSME nur in bestimmten Risikogebieten auf. Wie Apotheker
Werner Heuking erklärt, beginnt FSME oft wie eine leichte Sommergrippe:
Erste Symptome sind Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen, Erbrechen und
Schwindelgefühle. „Nach einer beschwerdefreien Zeit von einigen Tagen
oder Wochen infizieren sich bei rund zehn Prozent der Patienten die
Hirnhäute und das Gehirn“, so Heuking. Bleibende Schäden wie Lähmungen
oder Kopfschmerzen können auftreten. Da es sich um eine Virusinfektion
handelt, sind Antibiotika wirkungslos. Behandelt werden können
lediglich die Symptome. Die Deutsche Borreliose-Gesellschaft warnt vor einer Unterschätzung der
von Zecken übertragenen Infektionskrankheit Borreliose. Obwohl diese
Krankheit relativ häufig sei, dominiere in der öffentlichen Wahrnehmung
die viel seltenere Hirnerkrankung FSME. Schätzungen gehen von 60.000
bis 100.000 Borreliose-Neuerkrankungen jährlich in Deutschland aus, bei
FSME werden 180 Fälle bekannt. Nach Einschätzung der Experten ist vielen Menschen zudem nicht bewusst,
dass auch in einer nicht als Risikogebiet für FSME ausgewiesenen Region
Borreliose-Infektionsgefahr besteht. Je nach Region sind nach Angaben
der Gesellschaft bis zu 30% der in Deutschland vorkommenden Zecken mit
Borrelien infiziert. Diese Bakterien gelangen beim Stich einer Zecke ins Blut. Typisches
Krankheitssymptom ist ein sich um die Einstichstelle ausbreitender
roter Hautring, die so genannte „Wanderröte". Weitere Symptome sind
grippeartige Gelenk- und Muskelschmerzen, Lähmungen in Armen oder
Beinen und Hautveränderungen. Unbehandelt kann es Jahre später zu
Entzündungen des Gehirns und des gesamten Nervensystems kommen. Borreliose lässt sich häufig nur schwer zweifelsfrei feststellen, weil
die Symptome unspezifisch und die Nachweismethoden etwa durch
Labortests nicht immer eindeutig sind, erklärt der Bundesverband
Deutscher Internisten. Es komme auch vor, dass unterschiedliche Labors
unterschiedliche Ergebnisse liefern. Eine Schutzimpfung gegen Borreliose gibt es bislang nicht. Doch wie
Prof. Dr. med. Hayrettin Tumani, Oberarzt, Leiter Neurochemisches Labor
und Spezialambulanz Multiple Sklerose, Neurologische Klinik der
Universität Ulm, betont, gibt es für jedes Stadium der Borreliose „eine
Wirksame antibiotische Therapie“. Tumani erklärt, was es mit den verschiedenen Stadien auf sich hat: Etwa
jeder Zehnte, der nach Zeckenstich infizierten Menschen, entwickelt
eine Erkrankung (klinisch manifeste Borreliose). Nach jedem 100-sten
Zeckenstich kommt es in Regel zu einer lokalisierten Infektion in der
Haut, was dem klinischen Stadium 1 entspricht. Von der Haut aus wandern
die Borrelien entweder über die Nervenbahnen oder über den Blutweg mit
der Folge einer Infektion, entsprechend Stadium 2. Wenn im weiteren
Verlauf die Borrelien über 6 Monate im Körper verbleiben, kann das
Stadium 3 der Infektion folgen, die Gelenke, Haut und Nervensystem
befällt. Bei der Behandlung werden grundsätzlich Antibiotika eingesetzt. Das
betrifft auch das Stadium 1, obwohl  sie die Erkrankung laut
Tumani, “auch ohne Behandlung nach 3–4 Wochen spontan zurückbilden
kann“. Im Stadium 2 und 3, insbesondere wenn das Nervensystem
(Neuroborreliose ) angegriffen ist, sollte laut Tumani “immer eine
intravenöse Antibiotikabehandlung erfolgen. Bei einem Teil der
Patienten wurden länger anhaltende Beschwerden beschrieben, die als
Folge einer nicht behandelten Neuroborreliose interpretiert werden
können.“ Für die intravenöse Verabreichung spricht laut des Experten, dass damit
hohe Blutspiegel des Antibiotikums erreicht werden und damit die
Erreger sicher abgetötet werden. Außerdem sichert diese Form, dass auch
ausreichende Antibiotika-Spiegel in verschiedenen Geweben wie z.B. im
Gehirn, Rückenmark und in den Gelenken zu erzielen sind, um die sich
dort befindenden Erreger sicher zu beseitigen. WANC 15.04.09/Quelle: BDI, Centrum für Reisemedizin, Deutsche Borreliose-Gesellschaft, Forum Sanitas
 
 
 
 
 
 
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