Frauen und Männer: Auf Reisen unterschiedlich krank

Woran Reisende erkranken, wird vom
Geschlecht mitbestimmt: Während Frauen eher an Diarrhöe und Infektionen
der Atemwege leiden, werden reisende Männer öfter Opfer von Fieber und
Malaria sowie von Erkrankungen des Harn- und Geschlechtssystems.
Patricia Schlagenhauf vom Zentrum für Reisemedizin der Universität
Zürich hat mit ihrem Team die Daten von 58.908 Patientinnen und
Patienten ausgewertet, die zwischen 1997 und 2007 eine von 44
GeoSentinel-Kliniken aufgesucht haben. Bei letzteren handelt es sich um
ein globales Netz aus Kliniken für Reisekrankheiten. Sie zeigen, dass
das Geschlecht ein wichtiger, die menschliche Gesundheit
beeinflussender Faktor ist: Es prägt mit, für welche Krankheiten Frauen
und Männer anfällig sind. Öfter als Männer erkranken Frauen auf Reisen an akuter und chronischer
Diarrhöe, an einem Reizdarmsyndrom, an einer Infektion der oberen
Atemwege, an Mund- und Zahnbeschwerden und an
Medikamentenunverträglichkeiten. Männer hingegen leiden insgesamt öfter
an Fiebererkrankungen, an Infektionskrankheiten, die durch Mücken
übertragen werden, wie etwa Malaria, sowie an sexuell übertragbaren
Infektionen. Sie sind zudem häufiger Opfer von viraler Hepatitis, von
nicht-infektiösen Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie von
akuter Höhenkrankheit und von Erfrierungen. Männer, die auf Reisen
krank werden, müssen zudem häufiger das Krankenhaus aufsuchen als
Frauen. Gründe, weshalb Männer die attraktiveren Wirte für Malariamücke sind,
gibt es mehrere. Einer von ihnen liegt darin, dass Männer mehr von den
bevorzugten Duftstoffen produzieren: „Die Mücken orientieren sich bei
ihrer Suche nach Blut an Gerüchen. Zu den bevorzugten Duftstoffen
gehören Kohlendioxid, Schweiss und flüchtige Hautpartikel, und von all
diesen Stoffen produzieren Männer mehr als Frauen. Hinzu kommt, dass
Insektenschutzmittel wasserlöslich sind. Wer also rasch ins Schwitzen
kommt - was Männer wiederum häufiger tun, als Frauen -, muss das
Insektenschutzmittel wiederholt auftragen, um zuverlässig geschützt zu
sein." Für die These, dass sich Männer auf Reisen risikofreudiger
verhalten und öfter der Gefahr aussetzen als Frauen und deshalb
häufiger zum Opfer von Malaria werden, liefert die Studie keine
Hinweise. „Die Präventivreisemedizin sowie auch die künftige
Reisemedizinforschung sollen geschlechtsspezifische
Interventionsstrategien entwickeln und die unterschiedliche
Anfälligkeit der Geschlechter für die verschiedenen Krankheiten
berücksichtigen", fordert Schlagenhauf für die Zukunft. Konkret sollte
die geschlechtsspezifische Beratung insbesondere den Frauen Mittel zur
Selbstbehandlung von Harninfekten und Diarrhöe in die Hand geben. Die Beipackzettel von Medikamenten sollten präzise,
geschlechtsspezifische Informationen zur Verträglichkeit enthalten, und
die Angaben zur Dosierung müssen an die unterschiedlichen Bedürfnisse
der Geschlechter angepasst werden. Für beide Geschlechter relevant ist
der Schutz vor Moskitos, doch sollen Männer hierzu vertiefende
Informationen erhalten. Dies gilt auch für die Prävention von sexuell übertragbaren
Krankheiten. Denn Männer haben häufiger als Frauen spontanen Sex auf
Reisen, und in der Regel fehlt eine Safer-Sex-Beratung in der heutigen
Reisemedizinpraxis. Fraglich ist noch, wie diese Informationen die
männlichen Reisenden erreichen können: Denn die Studie zeigt, dass sich
Frauen vor Antritt ihrer Reisen bedeutend häufiger beraten lassen als
Männer. WANC 03.05.10, Quelle: Schlagenhauf, Patricia, et al.: Sex and Gender
Differences in Travel-Associated Disease. In: Clinical Infectious
Diseases, 2010; 50:826-832, DOI: 10.1086/650575





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/03_05_reisemedizin.php
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