Vater mit weinendem Kind
Meningokokken: Erkrankung trifft vor allem Kleinkinder oder Teenager (Foto: DAK/Wigger)
> Meningokokken: Was sie so gefährlich macht
Meningokokken sind eigentlich ganz
harmlose Bakterien. Aber es gibt auch Stämme, die aggressiv sind
und gefährliche Krankheiten auslösen. Dagegen helfen bisher
nur Antibiotika.


Ebenso wie der Darm sind auch Nase und
Rachen des Menschen von Kleinstlebewesen besiedelt. Bei etwa zehn
Prozent der Bevölkerung kommen dort als harmlose Bewohner der
Schleimhäute unter anderem Meningokokken vor. Von diesen
Bakterien gibt es aber auch Stämme, die lebensbedrohliche
Blutvergiftungen und Hirnhautentzündungen auslösen. Wie die
friedlichen Bakterien im Lauf der Zeit zu aggressiven
Krankheitserregern geworden sind, haben Forscher von den
Universitäten Würzburg und Bielefeld jetzt entschlüsselt.



"Betrachtet man die Evolution der
Meningokokken, dann waren deren ursprünglichste Vertreter noch
nicht von einer Schleimkapsel umhüllt", sagt Prof. Ulrich
Vogel vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Uni
Würzburg. Diese Kapsel sei eine unabdingbare Voraussetzung
dafür, dass die Bakterien in die Blutbahn des Menschen
eindringen können. Allerdings gebe es auch Meningokokken, die
zwar eine Kapsel besitzen, aber den Menschen trotzdem nicht krank
machen.



Die Gefahr ensteht erst, wenn bei
einigen der bekapselten Stämme zur Umlagerung von Teilen des
Chromosoms stattfindet. "Wir nehmen an, dass es nach diesen
Umlagerungen zu Veränderungen der Aktivität kritischer Gene
kam und dass manche Bakterienstämme dadurch zu
Krankheitserregern wurden", so die Wissenschaftler.



Wenn diese Erreger dann zuschlagen,
trifft es meist Kleinkinder, die noch keine ausreichenden
Abwehrkräfte aufgebaut haben, oder Teenager, zwischen denen die
Erreger mit hoher Frequenz ausgetauscht werden. Die Kranken bekommen
hohes Fieber, starke Kopfschmerzen und - besonders typisch für
die Hirnhautentzündung - einen steifen Nacken. Auch
Benommenheit, Lichtempfindlichkeit, Gelenkschmerzen und rot-violette
Hautflecken können sich einstellen. Im Extremfall kommt es mit
einem rasanten Krankheitsverlauf zum Schock.



Spätestens dann besteht
Lebensgefahr, und etwa zehn Prozent der Erkrankten sterben auch an
der Infektion. Ganz entscheidend für den Ausgang der Krankheit
ist der Zeitpunkt des Therapiebeginns: Meningokokken reagieren sehr
empfindlich auf Antibiotika; je früher diese gegeben werden,
desto besser. Ein Impfstoff gegen die in Deutschland am häufigsten
vorkommende Meningokokken-Serogruppe B, die für rund drei
Viertel aller Fälle verantwortlich ist, steht bislang nicht zur
Verfügung. Eine generelle Impfempfehlung gibt es in der
Bundesrepublik daher nur für die Serogruppe C.



Obwohl harmlose Meningokokken beim
Menschen so häufig vorkommen, treten Erkrankungen relativ selten
auf - pro Jahr werden in Deutschland etwa 600 Fälle
registriert. Zum Vergleich: Tuberkulosefälle werden zehnmal
häufiger gemeldet.



WANC 03.03.08

 
 
 
 
 
 
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